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Interview mit Joseph Bastian Von der Bass-Posaune ans Dirigentenpult

Robin Ticciati musste aus gesundheitlichen Gründen sein Dirigat beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks abgeben. Kurzerhand wurde der Bass-Posaunist Joseph Bastian aus den eigenen Reihen gefragt, ob er einspringen wolle.

BR-KLASSIK: Joseph Bastian, wer genau hat Sie für diese Konzerte mit dem BR-Symphonieorchester engagiert?

Joseph Bastian: Soweit ich weiß, kam die Idee aus dem Management und dem Orchestervorstand. Auch der künstlerische Beirat des Orchesters ist in die Entscheidung mit einbezogen worden. Das heißt, der Vorschlag kam mehr oder weniger aus dem Orchester selbst.

BR-KLASSIK: War das nicht zunächst ein Schock für Sie?

Joseph Bastian: Ich hatte schon kurz Herzrasen, aber habe mich auch gleich wieder gefreut.

BR-KLASSIK: Es ist jetzt natürlich auch eine ganz tolle Chance für Sie, am Pult dieses Orchesters aufzutreten.

Joseph Bastian: Ja, natürlich! Man kennt viele Dirigenten, die auf diese Weise ihre Karriere angefangen haben. Zum Beispiel im Fall von Sylvain Cambreling, dem derzeitigen Generalmusikdirektor der Oper Stuttgart, der Bass-Posaunist in Lyon war und auch einmal in einem Konzert einspringen durfte. Also ich freue mich sehr, dass es so funktionieren kann.

Der Bass-Posaunist und Dirigent Joseph Bastian

Joseph Bastian wurde am 9. November 1981 in Forbach in Frankreich geboren. Bereits mit sieben Jahren erhielt er Posaunen- und Cellounterricht an der Musikschule Forbach, bevor er nach Metz zum Konservatorium ging, wo er dazu Kompositionsunterricht erhielt. Von 1999 bis 2005 studierte er an der Hochschule für Musik Saar (HFM) in Saarbrücken bei Prof. Henning Wiegräbe. Seit November 2004 ist Joseph Bastian Mitglied im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.

Joseph Bastian Posaunist | Bildquelle: Archiv des Bayerischen Rundfunks Joseph Bastian mit seiner Posaune | Bildquelle: Archiv des Bayerischen Rundfunks BR-KLASSIK: So etwas geht natürlich nur, wenn man den hundertprozentigen Rückhalt der Kolleginnen und Kollegen im Orchester hat.

Joseph Bastian: Ich bin sehr dankbar, dass mich meine Kollegen so sehr unterstützen. Man spürt es extrem in der Probenarbeit, wie wohlwollend sie sich verhalten und mir auch helfen, wenn ich Probleme oder selbst eine Frage habe. Dann helfen sie mir und geben Tipps, wenn es sein muss.

BR-KLASSIK: Joseph Bastian, Sie haben als Dirigent beim BR-Symphonieorchester auch schon kleinere Aufgaben übernommen.

Joseph Bastian: Genau. Da gab es ein paar Konzerte, zum Beispiel Schönbergs "Pierrot Lunaire" in der Kammermusik-Reihe des Orchesters. Dann habe ich noch beim Konzert zum 100. Geburtstag von Rafael Kubelík Mahlers "Lieder eines fahrenden Gesellen" dirigiert, mit Michael Volle als Solist, sowie ein paar Projekte mit der Orchesterakademie. In ein paar Wochen, am 5. und 6. März, werde ich Christian Josts Kammeroper "Death Knocks" in unserer Kammermusik-Reihe dirigieren.

BR-KLASSIK: Das Konzertpublikum kennt Sie seit 2004 als Posaunisten im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Dabei beschäftigen Sie sich schon lange mit dem Dirigieren.

Joseph Bastian: Vor allem seit 2011. Damals wurde ich zum Dirigenten des Abaco-Orchesters an der Universität München gewählt. Seitdem beschäftige ich mich immer stärker damit. Der Platz hinten rechts ist für Bass-Posaunisten ganz günstig: Man hat einen sehr guten Blick, was im Orchester passiert - und vor allem, was die Dirigenten machen, was sie proben. Das heißt, ich kann selbst in meiner Tätigkeit als Posaunist sehr viel über das Dirigieren lernen.

BR-KLASSIK: Wie war denn ihre Ausbildung zum Dirigenten? Bei wem haben Sie gelernt?

Joseph Bastian: Ich sage immer: Ich habe vom Abaco-Orchester das Dirigieren gelernt. Als ich bei ihnen das Vordirigieren gewonnen habe, hatte ich diesbezüglich keine abgeschlossene Ausbildung, also kein Studium oder ähnliches. Wie man richtig dirigiert, lernt man eigentlich erst beim Dirigieren selbst. Dazu kamen Meisterkurse, in denen ich immer wieder kleine oder größere Tipps bekommen habe.

Infos zum Konzert

München, Philharmonie im Gasteig
Freitag, 19.02.2016, 20 Uhr
Samstag, 20.02.2016, 20 Uhr

Johannes Brahms
Serenade Nr. 2 A-Dur op.16

Alban Berg
Sieben frühe Lieder

Edward Elgar
"Enigma-Variationen"

Sally Matthews, Sopran

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Dirigent: Joseph Bastian

BR-KLASSIK: Zum Beispiel bei Jorma Panula, dem berühmten finnischen Dirigenten-Lehrer.

Joseph Bastian: Mit Panula man kommt zurück zu den Wurzeln und beschäftigt sich wieder mit Grundlagen, die man manchmal vergessen hat - einfache Sachen, die eine einfache Wirkung zeitigen können.

BR-KLASSIK: Sie haben die beiden Hauptwerke von Ticciatis Programm übernommen. Das sind Bergs "Sieben frühe Lieder" und Elgars "Enigma-Variationen". Haben Sie diese Kompositionen schon einmal dirigiert?

Joseph Bastian: Nein. Die beiden Werke musste ich mir am Montagabend erst einmal in den Kopf klopfen. Deswegen wurde auch die Nacht von Montag auf Dienstag etwas kürzer. Den Elgar habe ich natürlich schon im Orchester gespielt, auch in der ersten Probe mit Robin Ticciati, bevor er dann erkrankte. Dafür sind die Berg-Lieder praktisch Neuland für mich gewesen. Ich kannte sie zwar vom Hören, aber nicht mehr als das. Natürlich kenne ich noch nicht jeden Ton der beiden Werke auswendig. Das ist in der kurzen Zeit einfach nicht möglich. Aber die Arbeit daran geht für mich immer weiter: Vor der Generalprobe werde ich am Nachmittag die Partituren studieren und weiter daran arbeiten. Vor dem Konzert am Freitag werde ich mich wahrscheinlich den ganzen Tag mit den Noten beschäftigen und am Samstag auch noch einmal, damit jedes Konzert immer besser wird und meine Deutung der Werke immer mehr an Tiefe gewinnt.

Das Gespräch führte Fridemann Leipold für BR-KLASSIK.

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