"Nun wolle er sich in den Sarg legen und den Maden einen feisten Doktor zu essen geben", so kündigt Martin Luther zwei Tage zuvor seinen Tod an - mit derbem Humor und in seiner typisch kraftvollen Sprache.
Bildquelle: picture-alliance/dpa
"Man muss der Mutter im Hause, den Kindern auf der Gasse, dem gemeinen Mann auf dem Markt auf das Maul sehen, so verstehen sie es denn und merken, dass man deutsch mit ihnen redet." Luther sieht allen aufs Maul und übesetzt für alle die Bibel - neu und verständlich. Luther, der ehemalige Mönch, schaut aber auch dem Klerus genau auf die Finger: Der raffinierte Rhetoriker legt in seinen Vorlesungen Paulus neu aus, gestützt auf Augustinus. Er proklamiert, dass Gott sich nicht kaufen lässt, sondern nur Liebe zu ihm führt und er prangert das Ablasswesen an - hier wird Schindluder mit Schuld, Sünde und Sühne getrieben.
Man muss dem gemeinen Mann (...) auf das Maul sehen.
95 Thesen zum Ablasswesen hängt Luther an das Portal der Wittenberger Schlosskirche. Sie verleihen dem "mummelnden Unmut" Richtung und Kraft und werden das schriftliche Kernstück der Reformation. Luther versteht sich nie als Revoluzzer. Er will nicht umkrempeln, sondern umdenken: Die Menschen sollen sich Gott nicht voller Angst, sondern aus Liebe zuwenden.
Die Kirche bedarf einer Erneuerung, und das geht nicht bloß den Papst oder die vielen Kardinäle an, sondern alle Welt oder vielmehr: Gott allein!
Luther musiziert mit der Laute im Kreise seiner Familie | Bildquelle: picture alliance/akg-images Eine Schlüsselrolle auf diesem neuen Weg zu Gott übernimmt die Musik. Luthers Liebling unter den Künsten. Zur Laute singend probiert Luther neue Melodien aus. "Lustig und ergötzlich" müssen sie sein und vor allem mehrstimmig. Da greift er auch schon mal selbst zur Feder und zu Notenpapier. In einer Vorrede zu einer Ausgabe von seinen Liedern schreibt Luther: "Singet dem Herren ein neues Lied, denn Gott hat unser Herz fröhlich gemacht, durch seinen lieben Sohn, welchen er für uns gegeben hat zur Erlösung von Sünden, Tod und Teufel." Die Jesuiten waren es, die richtig bemerkten: Luthers Lieder haben mehr Menschen zum Glauben bekehrt als seine Predigten!
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören - oder Sie abonnieren unseren Podcast. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.