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Maurizio Pollini im Interview "Bei Beethoven ist jedes Werk anders"

Am 31. August ist Maurizio Pollini in "Meine Musik" zu Gast, und am 27. September gibt er in München ein Konzert mit späten Beethoven-Sonaten. Im Interview spricht er über seine Liebe zu diesem Komponisten und warum er lieber Live-Konzerte spielt als im Studio aufzunehmen.

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Das Gespräch zum Anhören

BR-KLASSIK: Sie haben gerade bei den Salzburger Festspielen die beiden letzten Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven gespielt. Beethoven ist einer der Komponisten, der Sie Ihr ganzes Leben lang schon begleitet. Warum gerade Beethoven?

Maurizio Pollini: Er ist sicherlich einer meiner Lieblingskomponisten. Aber ich glaube, dass er das für sehr viele Menschen auf der ganzen Welt ist.

Der Komponist zeigt von Anfang an eine klare Richtung.
Maurizio Pollini über Beethoven

Beethovens Wagnisse

BR-KLASSIK: Was zeichnet Ihrer Meinung nach die Tonsprache von Beethovens späten Sonaten ganz besonders aus?

Federzeichnung, um 1825, von Johann Peter Lyser (1803-1870) | Bildquelle: picture alliance/akg-images Ludwig van Beethoven. Federzeichnung, um 1825, von Johann Peter Lyser | Bildquelle: picture alliance/akg-images Maurizio Pollini: Schauen Sie, ein Komponist wie Beethoven gehörte zu den ganz großen Erneuerern, wann immer er komponiert hat. Von seinen ersten Sonaten sagt man, dass sie sich mehr oder weniger direkt von Haydn und Mozart herleiten. Meiner Ansicht nach aber ist der beethovensche Anteil hier schon sehr groß. Der Komponist zeigt von Anfang an eine klare Richtung. Und natürlich ist er immer fortschrittlicher geworden, von Werk zu Werk – bis hin zu den letzten Kompositionen, die in Hinblick auf die Musiksprache schon sehr gewagt sind. Oder besser gesagt, sie enthalten kompositorische Neuerungen auf jedem Gebiet: in der Harmonie, im Kontrapunkt, einfach in allem, was eine Musiksprache ausmacht.

Beethoven lässt uns immer neue Welten entdecken, in jedem Werk.
Maurizio Pollini

Erhebende Arietta

BR-KLASSIK: 2020 feiert die Musikwelt das große Beethoven-Jahr. Der 250. Geburtstag steht an. Zum Auftakt des Beethoven-Jahres geben Sie schon jetzt am 27. September in München ein exklusives Sonderkonzert mit den letzten drei Klaviersonaten Beethovens im Herkulessaal. Bilden diese drei Beethoven-Sonaten musikalisch gesehen eine Einheit?

Maurizio Pollini: Beethoven ist ein Komponist, bei dem jedes Werk anders ist. Das heißt, er besaß die Fähigkeit, ständig etwas Neues zu erfinden. Keines seiner Werke ähnelt einem anderen. Das gilt auch für Beethovens letzte Sonate Opus 109, 110 und 111. Sie sind total unterschiedlich. Opus 109 und 110 sind in einem wunderbaren Lyrismus gehalten. Opus 111 dagegen ist im ersten Satz unheimlich dramatisch, worauf dann die wunderbare Arietta folgt. Beethoven lässt uns immer neue Welten entdecken, in jedem Werk.

Emotionale Kraft für das Musizieren

BR-KLASSIK: Sie gelten als sehr perfektionistisch bei Aufnahmen. Wo ist für Sie der Unterschied zum Livekonzert?

Der Pianist Maurizio Pollini | Bildquelle: picture-alliance/dpa Maurizio Pollini | Bildquelle: picture-alliance/dpa Maurizio Pollini: Ich bevorzuge das Konzert. Natürlich ist mir bewusst, wie unglaublich wichtig Aufnahmen sind – vor allem für die Neue Musik, die leider sehr wenig aufgeführt wird. CDs geben uns die Möglichkeit, Werke zu vertiefen. Zugleich können wir aber auch musikalische Sternstunden der Vergangenheit festhalten – von Künstlern, die schon gestorben sind, deren Interpretationen aber über ihren Tod hinaus Gültigkeit besitzen. Das ist schon außerordentlich. Aber trotz all dieser tollen Vorzüge, die uns Aufnahmen bieten, muss ich doch sagen, dass es mir persönlich besser gefällt, für ein Publikum zu spielen, das vor mir sitzt. Natürlich hat auch die CD ein Publikum, das man nur nicht sieht, das es aber zumindest in Zukunft geben wird – hoffentlich. Der Zuhörer im Konzert jedoch ist wirklich physisch anwesend und wir können ihn sehen. Daraus entsteht eine Beziehung, die uns emotionale Kraft verleiht für das Musizieren. Hier überträgt sich die Musik direkt vom Künstler auf das Publikum.

Tickets für Maurizio Pollini in München

Anlässlich des Beethoven-Jahres 2020 veranstalten Deutsche Grammophon, MünchenMusik und die Konzertdirektion Hörtnagel am 27. September im Herkulessaal der Münchner Residenz ein Sonderkonzert mit Maurizio Pollini.
Zu Ehren von Ludwig van Beethovens 250. Geburtstag stehen seine drei letzten Klaviersonaten (op. 109-111) auf dem Programm.
Das Konzert ist eine geschlossene Veranstaltung, Tickets gibt es nur auf Einladung.
Auch BR-KLASSIK verlost in den ersten beiden Septemberwochen rund 50 Karten für dieses Konzert. Hier geht es zum Online-Gewinnspiel.

Sendung: "Meine Musik" am Samstag, 31. August 2019 ab 11:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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