Als Johann Sebastian Bach 1718 und 1719 in Berlin war, verhandelte er dort wegen eines neuen Cembalos für den Köthener Hof, wo er als Kapellmeister tätig war. Bei diesen Berlin-Aufenthalten lernte er den Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg kennen. Ihm widmete er sechs Konzerte, die heute zur musikalischen Weltliteratur gehören: die sogenannten Brandenburgischen Konzerte. BR-KLASSIK stellt die Nummer drei aus diesem Zyklus gemeinsam mit dem Dirigenten Thomas Hengelbrock vor.
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"Concerts avec plusieurs instruments" hat Johann Sebastian Bach seine sechs Konzerte betitelt, die er dem Markgrafen widmete. Es handelt sich aber nicht um Solokonzerte, sondern um Concerti grossi. Dabei fällt eines auf: Jedes der sechs Brandenburgischen Konzerte ist anders besetzt. Die Sammlung stellt deshalb einen Musterkatalog von Bachs Möglichkeiten als Instrumentalkomponist dar. Die Besetzung des Brandenburgischen Konzerts Nr. 3 lautet: drei Violinen, drei Violen, drei Violoncelli plus Basso Continuo-Gruppe. Eine besondere Herausforderung, meint der Dirigent Thomas Hengelbrock: "Es geht um die Balance der einzelnen Stimmen – der drei Geigen, der drei Bratschen, der drei Celli. Das ist gar nicht einfach herzustellen, es geht auch um Bewahrung der jeweils idiomatischen Eigenheit der Instrumente und es geht wirklich auch um diesen konzertierenden Dialogcharakter."
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Dieser Dialog zwischen den neun Streichern ist vor allem im ersten Satz zu hören – ein Dialog, der auf einem extrem reduzierten musikalischen Material basiert, wie Thomas Hengelbrock erläutert: "Es gibt nur ein ganz kleines Motiv, eine Wechselnote, aus der fast der ganze Satz eigentlich besteht. Sie wird dann auch umgedreht, das Gegenmotiv aus der Umkehrung dann entwickelt: Es ist eigentlich unglaublich, was Bach mit diesem Motiv macht: Er entfaltet diese Keimzelle zu größter Wirkung, und durch die verschiedensten Abschnitte dieses Stückes gelingt es ihm auch immer wieder, die Affektstationen anzusteuern.“
Das Dritte Brandenburgische Konzert fällt nicht nur durch seinen komplexen ersten Satz und die ungewöhnliche Besetzung auf. Es passt sich auch nicht den Gepflogenheiten eines normalen "Concerto grosso" an, denn: Es fehlt der langsame Satz. Johann Sebastian Bach selbst als Satztitel auf: "1. Satz, Allegro in G dur. 2. Satz, Allegro in G dur." Zwischen diesen beiden Sätzen setzt er eine Kadenz, bestehend aus zwei Klängen. "Das Stück besteht aus zwei Sätzen, die verbunden sind durch eine Kadenz", erläutert Thomas Hengelbrock. "Man kann dort etwas auszieren, manche Interpreten spielen dort sogar einen ganz langsamen Satz aus einer Triosonate, beispielsweise. Ich finde es sehr schön, wenn man diese beide Akkorde einfach nur als tiefes Ein- und Ausatmen begreift und diese beiden Akkorde mit viel Luft und viel Zeit spielt – wie ein tiefes Verschnaufen und Sich-Besinnen, bevor es dann in diesen turbulenten Kehraus geht."
Man kann Bachs Musik unendlich oft spielen und wird ihrer nicht überdrüssig.
Nach der Kadenz beginnt der eigentliche zweite Satz des Konzerts, der durch Sechzehntelläufe geprägt ist. Wie Perlenketten reiht Bach die Noten des Themas, die durch die Stimmen wandern, aneinander: eine ungebrochene, rhythmisch gebändigte Bewegungslinie. Der Satz ist in seiner formalen Anlage nicht so komplex wie der erste Satz, eher ein echter "Rausschmeißer". "Dieses schnelle spielerische Gebilde entbehrt durchaus der dramatischen Komponente", sagt Thomas Hengelbrock zu diesem Satz. "Es ist wirklich eine Spielmusik."
"Das ist so toll geschrieben, ein solcher Kosmos, eine solche Quintessenz der Musik", begeistert sich der Dirigent abschließend über das Stück – und über Johann Sebastian Bachs Tonsprache allgemein: "Das ist spezifisches Merkmal der Bach'schen Musik: Man kann sie unendlich oft spielen und wird ihrer nicht überdrüssig."
Johann Sebastian Bach:
Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur, BWV 1048
Solistengemeinschaft der Bachwoche Ansbach
Leitung: Thomas Hengelbrock
Sendung: "Das starke Stück" am 21. November 2023, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK