Potsdam, 7. Mai 1747. Mit hochrotem Kopf starrt Johann Sebastian Bach auf die Tasten. In den Augen des Königs blitzt es triumphierend. Friedrich II. lächelt, Bach aber kocht – vor Wut und vor Scham. Dabei hatte der Tag so gut angefangen.
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Eigentlich war Bach nach Potsdam gereist, um seinen Sohn Carl Philipp Emanuel zu besuchen – und auch, weil er neugierig auf seinen Enkel war. Doch kaum war Bach nach zwei schlaflosen Nächten in der Kutsche in Potsdam angekommen, ließ ihn der König zu sich rufen.
Da sitzt Bach nun, umringt vom halben Hofstaat. Ungeduldig trommelt Friedrich II. mit den Fingern auf seiner Flöte herum. Hinter Bachs Stirn rattert es, seine Hände schwitzen. Dann beginnt er zu spielen: eine vierstimmige Fuge, aus dem Stegreif. Das Thema, das der König ihm gestellt hat, ist verteufelt schwer. Wie lange er daran wohl geknobelt hat? Falls er es sich überhaupt selbst ausgedacht hat! Eines ist klar: Friedrich II. will Bach auf die Probe stellen – und Bach löst die Aufgabe mit Bravour.
Die Umstehenden applaudieren. Nur der König verzieht keine Miene: Ob Bach wohl auch eine sechsstimmige Fuge improvisieren könne? Dem Komponisten wird ganz heiß. Über dieses Thema? Unmöglich! Er murmelt eine kurze Entschuldigung und improvisiert einfach über ein anderes Thema. Doch die Schmach, die ihm der König angetan hat, will Bach nicht auf sich sitzen lassen. Zurück in Leipzig setzt er sich an den Schreibtisch und beginnt zu tüfteln. Nach zwei Wochen ist das Meisterwerk fertig: eine Suite mit 16 Sätzen über das "königliche Thema", die Melodie kunstvoll darin verarbeitet: vorwärts, rückwärts, in Gegenbewegung und gespickt mit kontrapunktischen Raffinessen.
"Musikalisches Opfer" nennt Bach sein Werk. Was wird geopfert? Und wem? "Allergnädigster König, Ew. Majestät weihe hiermit in tiefster Untertänigkeit ein Musikalisches Opfer, dessen edelster Theil von Derselben hoher Hand selbst herrühret." So heißt es in der Widmung. Ein sauber gedrucktes Notenheft verlässt Leipzig in Richtung Potsdam. Auf eine Antwort des Königs wartet Bach allerdings vergeblich.
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