BR-KLASSIK

Wer kennt sie nicht, die rührende Geschichte über den Milchmann Tevje und seine Töchter? Nach einer literarischen Vorlage von Scholem Alejchem und inspiriert durch Bilder Marc Chagalls wird der "Fiedler auf dem Dach" schließlich zum Symbol für Überlebenswillen und Lebensmut.

Musical in der Krise

Es geht ihm nicht gut, dem Musical. Ganz und gar nicht gut, denn es steckt in einer tiefen Krise. Nach den Kassenknüllern "My fair Lady" und "Helly Dolly" in den 50er Jahren gibt es keine Knüller mehr. Das Genre dümpelt vor sich hin. Noch dazu fängt jetzt auch noch Hollywood damit an, die alten erfolgreichen Musicals zu verfilmen und ins Kino zu bringen. Und der sogenannte Off-Broadway will auch noch mitmischen: Neben den großen Kommerzproduktionen spielen die kleineren Bühnen jetzt auch Stücke - schlankere, anspruchsvollere.

Eine Geschichte aus einem jüdischen Schtetl

Da kommt dem Komponisten Joseph Stein eine Idee: Warum nicht mal ein nicht-witziges Musical-Sujet nehmen? Vielleicht eine Geschichte aus einem jüdischen Schtetl, vom Anfang des 19. Jahrhunderts? Scholem Alejchem hatte damals eine rührende Geschichte geschrieben über den Milchmann Tevje, der so strenggläubig wie lebensklug ist und seine drei Töchter verheiratet. So wie sie es wollen – und er schließlich dann auch. Es geht um Liebe, um Vertreibung und um einen Lebensmut, der sich nicht kleinkriegen lässt.

"Fiddler on the Roof"

"Fiddler on the roof" nennt Joseph Stein sein Musical. Und wahrscheinlich ist es gerade wegen folgender Kombination ungeheuer erfolgreich: Ernster Stoff - die Juden werden aus dem Schtetl vertrieben - und Lebenslust - über jede Demütigung kann Tevje noch lachen. In acht Jahren auf dem Broadway verschleißt es sieben Hauptfiguren und bringt es auf über 3.000 Vorstellungen, ein einsamer Rekord. Dann reist das Musical durch die ganze Welt, nach Europa und auch nach Deutschland. Dort bekommt es einen neuen Titel: "Anatevka", benannt nach dem Schtetl von Tevje und seinen Töchtern. Und bis heute am berühmtesten ist der Song "If I were a rich man" - oder in der deutschen Version mit Shmuel Rodensky "Wenn ich einmal reich wär".