Wien, 29. Mai 1905. Alban Berg sieht bei einer Privataufführung Frank Wedekinds Skandal-Stück "Die Büchse der Pandora". Für den jungen Komponisten ist das die Initialzündung für seine Oper "Lulu".
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Der Schriftsteller Karl Kraus hatte die Privataufführung im Wiener Trianon-Theater veranstaltet und mit einem Vortrag eingeleitet. Denn nach der Uraufführung von Wedekinds "Die Büchse der Pandora" 1904 in Nürnberg hatte die Polizei eine weitere Vorstellung verhindert. Frank Wedekind als Autor und sein Verleger Bruno Cassirer wurden angeklagt, mit dem Theaterstück "unzüchtige Schriften" verbreitet zu haben. In mehreren Instanzen wurde der Fall verhandelt – und die Beteiligten freigesprochen. Doch die gesamte Buchauflage der "Büchse der Pandora" war bereits vernichtet worden.
Alban Berg hat die Oper nicht vollendet, und doch ist sie ein zentrales Werk des 20. Jahrhunderts. Auch weil er mit seiner klugen und sensiblen Musik Lulu zu einer Heldin macht. Sie ist ein unbegreiflich anmutiges Triebwesen, überbordend und nicht zu begrenzen. Lulu, Kunstgestalt, Männerphantasie – am Ende wird sie von Jack the Ripper ermordet. Für manche, wie den Publizisten Joachim Kalka, ist dieser Mörder "die Verkörperung der geschichtlichen realen Lust an der Zerstörung der Frau." Auch das macht die Oper "Lulu" so fundamental wichtig und prägend für die Moderne.
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