BR-KLASSIK

Inhalt

Was heute geschah - 30. August 1903 Der Vegetarier Gustav Mahler isst ein Steak

Gustav Mahler ist überzeugter Vegetarier. Sein Vorbild: Richard Wagner, der die vegetarische Lebensweise lobt. Am 30. August 1903 dirigiert Gustav Mahler Wagners "Meistersinger" an der Wiener Hofoper - und geht direkt danach wütend ins Restaurant und bestellt sich ein Steak. Was ist passiert?

Bildquelle: wikicommons

Richard Wagner ist die Ikone aller Vegetarier im 19. Jahrhundert. Sogar die Wiener Gastronomie hat sich auf diesen Essenstrend eingestellt, der aus Bayreuth an die Donau schwappt. Wagner ruft ihn in seiner Schrift "Religion und Kunst" zum Ernährungskonzept für Intellektuelle aus. Selbstredend, dass Mahler selbst auch Vegetarier sein muss. Schließlich ist Wagner für ihn ein Lebenselixier.

Mahlers Idol: Richard Wagner

"Wenn ich noch so niederträchtiger Stimmung bin und denke an Wagner, so werde ich gut gelaunt", schreibt Gustav Mahler einmal. Mahler bezeichnet Wagner als ein unglaubliches "Licht", das die ganze Welt durchdrungen habe. "War das ein Feuergeist, ein Revolutionär und ein Reformator der Kunst", so schwärmt Mahler über sein großes Vorbild. Doch nicht nur für die Kunst ist Wagner von Bedeutung, sondern auch für die Küche. Und darum gehört Gustav Mahler natürlich zu den Stammgästen im "Ersten Wiener Vegetarier-Speisehaus", das 1877 seine Pforten öffnet - für die Fans fleischloser Gerichte oder, wie es in der Satzung des Ramharterschen Speisehauses heißt, "im Zeichen Tierschutzbegeisterter und vom Vegetarismus faszinierter Wagnerianer".

Steak nach Wagner-Oper

Warum also isst Mahler am 30. August 1903 plötzlich das Steak - und das ausgerechnet nach einer Aufführung von Wagners "Meistersingern"? Geht Mahler mit dem Steak auf die Barrikaden? Besinnt er sich eines besseren Komponisten? Ist das Steak der Fehde-Handschuh? Nein. Gustav Mahler hat einfach nur eine Wahnsinns-Wut. Und das Beißen in ein Stück Fleisch scheint ihm dabei physische Abhilfe zu schaffen. Die Disziplin der Musiker an der Oper ist trotz vieler Neuerungen immer noch unzureichend. In Mahler brodelt der Zorn. An jenem Abend, während der Vorstellung der Oper "Die Meistersinger von Nürnberg", kommt das Fass zum Überlaufen - und Mahler vergisst darüber alle intellektuellen Grundsätze. Er selbst schreibt später: "Nach dem ersten Akte ging ich auf die Bühne, machte einen Skandal, beschimpfte dann einige Umstehende und ging nachher ins 'Imperial', wo ich ein Beefsteak, jawohl, und sehr stimmungsvollen Zwetschgenkuchen aß."

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

    AV-Player