Jacques Offenbach
Der Orpheus vom Rhein
Jacques Offenbach war ein genialer Melodienerfinder, ein leidenschaftlicher Theatermensch mit Gespür für richtiges Timing und spritzige Dramaturgien. Und: er war ein berühmter Cellovirtuose. Bevor Offenbach europaweit als Bühnenkomponist bejubelt wurde, feierte man ihn als "Franz Liszt des Cellos", der mit eigenen Kompositionen für sein Instrument beeindruckte.
Bildquelle: Sony Classical
Das Album der Woche zum Anhören
Die junge Cellistin Raphaela Gromes und ihr Duopartner Julian Riem haben einige von Offenbachs Cellostücken für ihr neues Album ausgewählt. Es sind Charakter- und Salonstücke, eingängige Melodien, immer wieder durchsetzt mit vertrackten Rhythmen. Sie lassen das Instrument singen, kosten den gesamten Tonumfang aus, sprühen vor guter Laune, aber auch seufzender Melancholie. Und auch eine Weltersteinspielung ist dabei: eine rasend schnelle "Tarantelle". Dieses sechsminütige Kleinod ist sehr hoch gesetzt und geht für Cellospieler an die Grenzen des Machbaren.
Dieses Album wird lieben, ...
... wer gute Laune hat oder braucht.
Dieses Album hat gefehlt, ...
... weil Kammermusik von Offenbach so gut wie unbekannt ist.
Dieses Album ist ein Hörgenuss, ...
... weil zwei Vollblutmusiker spielen.
Raphaela Gromes beherrscht spieltechnisch ihr Instrument, ist eine Vollblutmusikerin und begeistert durch ihren warmen, äußerst differenzierten Cello-Ton. Mit dem Pianisten Julian Riem spielt die 28-Jährige schon lange im Duo. Und dass die Beiden eine nahezu symbiotische musikalische Partnerschaft und ein weites Repertoirespektrum verbindet, hört man ihren Offenbach-Interpretationen an. Julian Riem stützt sensibel die Cello-Melodien, bleibt aber nicht nur begleitend im Hintergrund, sondern tritt mit pointierten Akzenten und dynamischen Steigerungen als gleichwertiger Mitspieler hervor. Riem hat als Bonustrack für die CD auch noch Offenbachs wohl berühmtesten Hit, die "Barcarole", für zwei Celli und Klavier arrangiert. Hier wie auch bei Offenbachs letztem Celloduo ist der Cellist Wen-Sinn Yang mit dabei. Er ist Lehrer und langjähriger Mentor von Raphaela Gromes.
Dieses Album füllt nicht nur eine Lücke auf dem CD-Markt und zeigt eine wenig bekannte Seite Offenbachs. Vor allem packt es durch mitreißende Musizierfreude und gegenwärtige Frische. Was Besseres kann einem Komponisten zum 200. Geburtstag nicht passieren.
Jacques Offenbach:
Werke für Violoncello und Klavier
Raphaela Gromes (Violoncello)
Wen-Sinn Yang (Violoncello)
Julian Riem (Klavier)
Label: Sony Classical
Sendung: "Piazza" am 15. Juni 2019, 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK