Normalerweise inszeniert BR-KLASSIK ja keine Opern, sondern berichtet darüber. Eine Ausnahme gibt es - und die ist aus Lego. Mozarts "Zauberflöte" und Humperdincks "Hänsel und Gretel" gibt es schon als Kurzfilm im Netz, nun kommt ein weiterer Teil dazu: "Aida". 1800 Einzelbilder hat das Filmteam dafür aufgenommen. 80 Legofiguren kommen zum Einsatz. Ein Blick über die Schulter der kreativen Crew.
Bildquelle: © Kathrin Hasselbeck
Zu wenig Sand. Es ist der erste Drehtag, und das Team der Lego-Oper stellt fest: Einer muss noch sandfarbene Bodenplatten kaufen. Klar, Aida spielt in der Wüste. Katharina Neuschäfer, die auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, richtet gemeinsam mit Kameramann und Regisseur Alex Hirl das erste Bild ein: "Ich versuche gerade, die Kulisse so aufzubauen, dass man das Gefühl hat, dass es eine ganz weite Perspektive in den Hintergrund gibt, dass wir mitten in der Wüste sind und noch ganz viel Sand vor uns liegt."
Von den Lego-Bodenplatten ragen die Kulissen auf: zwei Pyramiden, eine Sphinx, ein Palast, eine Oase mit Palmen. Gebaut hat sie Philipp Grammes, ein BR-Kollege, der seit Kindertagen großer Lego-Fan ist. "Es gibt sehr viel Lego bei mir Zuhause" erzählt Grammes und fügt schmunzelnd hinzu: "Seit es das Internet gibt, weiß ich, dass ich nicht der einzige komische Mensch auf der Welt bin, der sich für bunte Steinchen interessiert." Sechs Wochen lang hat Philipp Grammes in seiner Freizeit abends und am Wochenende die Aida-Kulissen aus mehreren tausend Steinchen zusammengebaut. Allein für die Sphinx brauchte er drei Abende. Bauanleitungen gibt es keine. Er guckt sich Bilder im Internet an und versucht dann, diese nachzubauen. Außerdem hat er speziell für diesen Opernfilm etwa 80 Figuren ausgewählt.
Ich bin nicht der einzige komische Mensch auf der Welt, der sich für bunte Steinchen interessiert.
Bildquelle: © Kathrin Hasselbeck Beim Dreh ist die Atmosphäre sehr still und konzentriert. Gearbeitet wird zu zweit: Alex Hirl wechselt zwischen Fotokamera und Computer hin und her. Er macht die Kamerabilder und fügt sie in einer Animationssoftware aneinander. Zwei weitere Kollegen teilen sich die anstrengende Arbeit, mit ruhiger Hand die Legomännchen zu justieren, millimeterweise, Bild für Bild. Katharina Neuschäfer erklärt das Prozedere: "Man muss sich das ja so vorstellen: Ein Arm hoch – ein Bild – ein Arm runter – ein Bild." Stop-Motion nennt sich diese Technik, durch die die Figuren wie in einem Daumenkino zum Leben erweckt werden. Sie reißen Schwerter in die Luft, fallen einander in die Arme, kullern im Kampf über den Boden. Im fertigen Film sind pro Sekunde 12,5 Bilder zu sehen, insgesamt etwa 1800. Bis die alle im Kasten sind, arbeitet das Lego-Opern-Team vier volle Tage im Studio – insgesamt 50 Stunden.
"Es hat sich so ein Rhythmus rausgebildet", erzählt Katharina Neuschäfer. "Man geht halt einen Schritt nach vorne, bewegt eine Figur, tritt zurück, um aus dem Licht zu sein, dann wird das Foto gemacht, dann geht man wieder nach vorne, und alles geht von vorne los." Da Katharina Neuschäfer dabei die ganze Zeit steht, hat sie beschlossen, Stützstrümpfe zu tragen.
Am Ende eines so langen Drehtages ist man echt platt.
Bildquelle: © Kathrin Hasselbeck Besonders heikel: Beim Justieren der Figuren darf nur das verändert werden, was sich nachher im Film auch bewegen soll. Kommt man dabei aus Versehen gegen eine Palme, und die fällt um, muss man sie exakt am selben Ort wieder aufstellen, sonst springt sie anschließend im Bild. Genauso muss natürlich die Kamera ruhig bleiben. Dafür ist Kameramann Alex Hirl verantwortlich: "Es ist eine Besonderheit, so kleinteilig zu arbeiten. Hier gibt gerade das Stativ einen Millimeter nach. Und der Millimeter hat halt den Effekt, dass man plötzlich den Kopf der Figur im Bild nicht mehr sieht." Immer wieder hat die Filmcrew mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die es im normalen Film- und Videoalltag nicht gibt, etwa, dass die Lego-Oberflächen spiegeln und dementsprechend das Licht ganz anders postiert sein muss.
Bildquelle: © Kathrin Hasselbeck Schließlich braucht Alex Hirl für die Postproduktion noch mal vier volle Tage, um die Bildsequenzen aneinanderzuhängen, Geräusche, den Erzählertext – und natürlich die Musik dazuzumischen. Erst dann ist sie fertig, die Lego-Oper von BR-KLASSIK.