Der BR-KLASSIK - "Operetten-Frosch" 2023/24 geht an die Oper Graz für "Venus in Seide" von Robert Stolz. Inszeniert von Dirk Schmeding.
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"Venus in Seide" von Robert Stolz an die Oper Graz - inszeniert von Dirk Schmeding
Los geht´s
... mit einem bombastischen Sound aus dem Orchestergraben und einem dramatischen Bild auf der Bühne: Nebel wabert um eine Menschenmenge, die man nur als Silhouetten erkennt – großes Kino trifft Gräfin Mariza! Denn an die erinnert nicht nur das Auftrittslied der Diva.
Überraschend:
… ist hier alles. 1. Das Libretto: eine krude Räuberpistole mit einem edlen Räuber wie in Gasparone und zwei geheimnisvollen Fremden wie im Vetter aus Dingsda. 2. Die Musik: ein wilder Stilmix aus typisch Stolz‘schen Tanzschlagern und pathetischen Liebesromanzen, wie man sie von Stolz sonst nicht kennt und vor allem mit einer authentischen 30er-Jahre Instrumentierung, die nichts mit dem gewohnten Stolz-Sound der 50er Jahre zu tun hat. 3. Die Regie: die szenische Umsetzung einer musikalischen Räuberpistole als wilde Revue der Emotionen und Bilder.
Bildquelle: © BR-Klassik Operetten-Boulevard
Stilsicher:
… wie in Graz die Dramaturgie des Genres zwischen Sentiment und Ironie umgesetzt wird. So tritt Matthias Koziorowski als mysteriöser Fremder nicht mit der üblichen Selbstherrlichkeit eines Operettentenors auf, sondern mit einem Augenzwinkern. Schon sein herrlich übertriebenes, mit Glitter besetztes rotes Jack-Sparrow-Rokokokostüm spricht für sich. Auch sein geschmeidiger Tenor, der wie Tauber das Falsett nicht scheut, zeigt, wie sehr genregerecht hier gesungen wird - auch von Sieglinde Feldhofer als Jadja, die zu jedem Auftritt ein neues spektakuläres Kostüm trägt, angefangen beim Marlene Dietrich-Look ganz in Weiß über ein schwarzes, ein weißes und ein grünes Ballkleid bis hin zur Rockerlederkluft im dritten Akt.
Überwältigend:
… sind Frank Lichtenbergs opulente Kostüme, die wunderbar mit der einfachen Bühne von Martina Segna harmonieren: Jadjas Schloss ist nur linienhaft angedeutet, der Hintergrund bietet mit stimmungsvollen Videoprojektionen rasch wechselnde Revuebilder. Dazu ein satter Orchestersound, den Marius Burkert und die Grazer Philharmoniker mit hörbarer Lust entfesseln – ein wahres Klangspektakel. Alle Beteiligten werfen sich mit Inbrunst in den flotten Trubel dieser Inszenierung: Angefangen beim spielfreudigen Chor und dem hinreißenden Ballett, das in fast jeder Nummer auf große Revue macht und von Sean Stephens sehr originell choreographier wird, - bis hin zu den Chargenrollen, die hier wirkliche Hingucker sind, ob der stumme Diener von András Kurta, der lebens- und liebeslustige Pfarrer von János Mischuretz oder der trottelige Baron von Ferry Öllinger – alle scheuen keine Klischees, die nun mal zur Operette gehören.
Überzeugend:
… wie Schmedings Inszenierung einerseits der kruden Räuber-Story, der Stilistik des Genres vertraut, wie er sie anderseits immer durch Übertreibung ironisiert, sie durch moderne Einsprengsel wie Rollatoren oder ein Motorrad bricht und vor allem durch das Spiel mit Geschlechterrollen: starke Frauenfiguren, ohne dass die Männer zu Schwächlingen werden, vielleicht mit Ausnahme des Buffos Ladislaus. Aber der sagt ja von sich selbst schon im Libretto, dass man bei diesem Namen keine Heldentaten erwarten könne und wird vom jungen Ivan Oreščanin gespielt und harmoniert wunderbar mit Idikó Raimondi, lange Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper und gefeierte Operettendiva - ein echter Besetzungscoup! Ihre Rückkehr mit 60 ins Soubrettenfach wird hier zum Ereignis!
Sei kein Frosch, küss ihn: Das Team vom BR-Klassik Operettenboulevard ist begeistert und gratuliert der Oper Graz zu großem Operettenmut!
Musikalische Leitung: Marius Burkert
Inszenierung: Dirk Schmeding
Bühne: Martina Segna
Kostüme: Frank Lichtenberg
Choreographie: Sean Stephens