Das Wagner-ABC ist ein kleines Lexikon für Einsteiger und Fans, das wichtige Wörter aus dem Wagner-Kosmos enthält. Ein kleines Rätselvideo und ein kurzer Text veranschaulichen zu jedem Buchstaben des Alphabets zentrale Begriffe aus dem Leben und Opern-Schaffen des Komponisten.
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Wagner-ABC
Buchstabe H
Kühn und abgebrüht ist er, naturverbunden, er kann sich prächtig alleine durchschlagen, zieht sein Schwert so lässig, als wäre es ein Colt. Ein "Haudegen" ist er trotzdem nicht, obwohl der auch mit einem "H" anfängt. Auf ihn trifft eher zu: Harte Schale, weicher Kern. Das merkt man daran, dass Wagner den Typen hoch und butterweich flöten lässt, sobald eine Frau ins Spiel kommt - und das passiert hundertprozentig in jeder Oper. Allerdings, das rechnen ihm die Sänger bis heute hoch an, Wagner geht sparsam mit dem hohen "a" um. Wozu auch den Verliebten unnötig reizen, wenn im "ä" äbenfalls hervorragende Klangqualitäten stecken? So lässt sich das "ä" im Wort "Wälse" locker und leidend auf zwölf Sekunden ausdehnen; was ein klein wenig Kondition erfordert, aber es sind nun mal nur die zähesten Knochen für dieses Rollenfach geeignet.
Das muss so ein Prachtkerl mitbringen:
Erstens: Kondition, das hatten wir zwar schon, schadet aber nicht in großem Umfang. Denn die Partien sind lang, länger am längsten.
Zweitens: stimmliche Reife, weil ein Milchbubi ruiniert sich auf ewig die Stimme mit diesen Rollen.
Drittens: Kraft. Weniger für das Schwert, mehr, um mutterseelenallein über das Megaorchester hinweg strahlen zu können.
Viertens: Sportlichkeit. Die Crux an dem Rollenfach liegt nämlich darin, dass die Stimme erst dann alle Kriterien erfüllt und reif ist, wenn der Körper des Sängers bereits im Begriff ist, auseinander zu fallen. Wenn die Kniegelenke einfach nicht mehr dafür gemacht sind, wie ein Testosteron gesteuerter Jungbulle über die Bühne zu hüpfen. Also müsste man eigentlich, also fünftens, die Gesetze von Raum, Zeit und Alterung aussetzen können, um als phänomenaler "H" wie "Heldentenor" in die Geschichte einzugehen.