Das Wagner-ABC ist ein kleines Lexikon für Einsteiger und Fans, das wichtige Wörter aus dem Wagner-Kosmos enthält. Ein kleines Rätselvideo und ein kurzer Text veranschaulichen zu jedem Buchstaben des Alphabets zentrale Begriffe aus dem Leben und Opern-Schaffen des Komponisten.
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Wagner-ABC
Buchstabe U
Richard Wagner tut sich nicht leicht, wenn er mit der Arbeit an einer neuen Oper beginnt. Er tut sich auch nicht leicht, den Schlussakkord und damit den Schlussstrich unter sein Werk zu setzen. Aber am Schlimmsten ist es für ihn, wenn das Stück umgesetzt wird, vom Papier ins Leben. Mit Orchester, Dirigent, mit Bühnenaufbauten und Licht und mit den ganzen Mimosen von Sängerinnen und Sängern. Wagner kommt sich vor, als müsse er einen Sack Flöhe hüten. Also kein Wunder: Es haut ihm diverse Male die Sicherung raus. Als das Blech beim "Holländer" in Dresden zu laut scheppert, als Brünnhilde in der "Walküre" in München nach Luft japst, als in Bayreuth die Grazien im Feengarten aussehen wie aus einem Altersheim für Schildkröten.
Wagner spürt dann jedes Mal das Pochen des Herzens auf seiner Zunge, er leidet mit jeder Faser des Körpers, rast und hüpft zwischen den Beteiligten umher, so dass er sich sogar mal sein Fußgelenk verknackst. Nicht einmal nachts ist an Ruhe zu denken: er wälzt er sich schlaflos im Bett. Und je älter Wagner wird, umso heftiger plagen ihn die psychosomatischen Störungen kurz vor dem großen Tag X.
Und dann, wenn der erste Ton erklingt aus seiner Oper, wenn zum ersten Mal auf der Bühne Leben in die Helden kommt, wenn das Publikum gebannt lauscht, dann beutelt es Wagner hin und her, zwischen Euphorie und manchmal auch Enttäuschung.
Für Richard Wagner bedeutet jede "U" wir "Uraufführung" mindestens so viel wie der Tag, an dem das eigene Kind laufen lernt.