Salzburger Festspiele
19. Juli bis 31. August 2024
Ein Kindheitstraum - Marionetten treffen auf Klaviermusik von Schumann und Debussy. Und: es spielt ein so wunderbarer Pianist wie András Schiff. Was gestern im Mozarteum zu erleben war, ist im besten Sinne unterhaltsam, poetisch und absolut festspielwürdig.
Bildquelle: Adrienne Meister, Salzburger Marionettentheater
Zunächst beginnt der Abend wie ein gewöhnliches Recital. András Schiff setzt sich an seinen Bösendorfer-Konzertflügel und lässt Schumanns Schmetterlinge tanzen, die Papillons op. 2. Die klingen humorvoll, niemals extrovertiert, mit kernigem, warm timbrierten und wohl konturiertem Anschlag. Obwohl Schiff als Intellektueller und nachdenklicher Analytiker unter den Pianisten gilt, ist sein Schumann-Spiel alles andere als trocken.
Es folgt Debussys Children's Corner, eine Sammlung von sechs Miniaturen, die Debussy ausdrücklich für seine Tochter Chouchou komponiert hat. Schiff spielt diese Stücke unmittelbar hintereinander, steigert Tempo und Fantasiereichtum kontinuierlich und nimmt verschmitzt die Kinderperspektive ein.
Marionetten begleiten Schumanns "Papillons" | Bildquelle: Adrienne Meister, Salzburger Marionettentheater Schließlich wird der Flügel zur Seite geschoben und es kommt das Salzburger Marionettentheater mit ins Spiel. Ein zweites Mal stehen die Papillons auf dem Programm: jetzt mit schlichter schwarz-weißer Marionettenbühne im Zentrum. Szenen aus Jean Pauls Roman "Flegeljahre" inspirierten Schumann beim Komponieren. Die Liebesgeschichte der ungleichen Zwillingsbrüder Walt und Vult, die beide die geliebte Wina begehren, entfaltet sich vor dem Hintergrund eines Kostümfestes.
Schlichte Holz-Gliederpuppen im modernen Outfit verkörpern die Protagonisten. Sie werden immer wieder von bizarren Nachtgestalten und altmodisch bekleideten Figuren vergangener Zeit umtanzt. Vier Puppenspieler führen die beweglichen Puppen äußerst lebendig und Schiff "dirigiert", nein: er erzählt am Instrument augenzwinkernd, was von statten geht. Er ist einfühlsamer Spieler, Kommentator und Zuschauer zugleich.
La Boîte à joujoux - Klaviermusik von Debussy in Szene gesetzt vom Salzburger Marionettentheater | Bildquelle: Cornelia Gloth, Salzburger Marionettentheater Nach der Pause kommen Farbe und Bewegung auf die Bühne: Debussys Kinderballett La Boîte à joujoux (Spielzeugschachtel), die Klavierfassung von 1913, zitiert Harlekin, Pappsoldaten oder eine Tänzerin. Die Spieler führen ihre Puppen leichtfüßig durch eine Szenerie von bunten Kartons und kindlich bemalten Würfelementen. Reich an Assoziationen, Zitaten, Selbstzitaten und Reminiszenzen kommt die Musik daher. Kaleidoskopartig werden Kinderzimmer- und Traumwelten gestreift.
Auch wenn sich Schiff zurücknimmt, bleibt er doch unüberhörbar der Strippenzieher und Koordinator des virtuosen Puppenspielgeschehens. Plastisch, ja nahezu haptisch wird die Musik dadurch wahrnehmbar. Immer wieder spielt Schiff einen Doppelpunkt oder fügt kleine wirkungsvollen Zäsuren ein. Gemeinsam mit den auf der Bühne sichtbar und pantomimisch flink agierenden Puppenspielern packt er eine unterhaltsame und sehr poetische Schachtel aus und bringt Musik und fantasievolles Theater unaufgeregt zusammen: eine tolle Performance, ein stimmiges Festspielereignis.