Salzburger Festspiele
19. Juli bis 31. August 2024
Über eine Star-Sopranistin in Topform durfte sich am Montagabend das Festspielpublikum der konzertanten Aufführung von Puccinis "Manon Lescaut" freuen. Anna Netrebko brillierte stimmlich und mit aufwendigem Outfit. Ihr Ehemann Yusif Eyvazov konnte BR-KLASSIK-Kritiker Bernhard Neuhoff weniger überzeugen.
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Anna Netrebko als Manon Lescaut und ihr Mann Yusif Eyvazov in der Rolle des Renato des Grieux | Bildquelle: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli
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Yusif Eyvazov (Renato des Grieux), Anna Netrebko (Manon Lescaut), Marco Armiliato, Münchner Rundfunkorchester | Bildquelle: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli
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Yusif Eyvazov (Renato des Grieux), Armando Piña (Lescaut), Erik Anstine (Oste / Sergente), Simon Shibambu (Commandante), Münchner Rundfunkorchester, Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor | Bildquelle: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli
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Bildquelle: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli
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Bildquelle: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli
Wer Anna will, muss Yusif schlucken. Eine so wichtige Rolle wie den Des Grieux in Puccinis "Manon" bei den Salzburger Festspielen ausgerechnet mit Yusif Eyvazov zu besetzen, dafür gibt es (abgesehen von der Tatsache, dass er mit Anna Netrebko verheiratet ist) eigentlich nur einen Grund: Man bekommt ordentlich was von ihm zu hören.
Yusif Eyvazov, Ehepartner und Tenor, kann es zumindest in Sachen Lautstärke locker mit jeder und jedem auf der Bühne des Großen Festspielhauses aufnehmen. Diese charaktervolle, aber geheimnislose Stimme, im Forte eng, im Piano leicht kehlig, trotzt allen Orchesterstürmen, kann mit ihrer Durchschlagskraft aber kaum über einen empfindlichen Mangel an Wärme, Geschmeidigkeit und erotischer Ausstrahlung hinwegtrösten.
Wehmütig denkt man zurück an die Münchner "Manon". An der Bayerischen Staatsoper hätte Anna Netrebko im Herbst 2014 an der Seite von Jonas Kaufmann die Titelrolle in Puccinis Jugendwerk übernehmen sollen. Dummerweise zerstritt sie sich mit Regisseur Hans Neuenfels. An diesem Salzburger Festspielabend, an dem Netrebko ihre Fans mit einem ebenso souveränen wie berührenden Rollenporträt beschenkt, darf man im Rückblick ein wenig melancholisch werden. Mit ihr wäre die Münchner "Manon" zur Sternstunde geworden.
Von den drei Trümpfen, mit denen Münchner Intendant Nikolaus Bachler damals punkten wollte - Netrebko, Kaufmann, Neuenfels -, können die Salzburger Festspiele nun immerhin wenigstens einen ausspielen. Netrebko hat nun zwar keinen auch nur annährend ebenbürtigen Partner, ist dafür aber in fantastischer Form. Ihr perfekt fokussierter Sopran hat die in den letzten Jahren hinzugewonnenen dunklen Farben mittlerweile bruchlos integriert. Das klingt wunderbar frei, offen und natürlich. Und die mühelose, fast beiläufige Perfektion, mit der sie alle stimmlichen Herausforderungen bewältigt, nimmt ihrer Gestaltung nichts an emotionaler Intensität.
Auch sonst wird souverän gesungen. Im Gedächtnis bleibt vor allem der noble Bariton von Armando Piña als Manons Bruder Lescaut. Dirigent Marco Armiliato, einfühlsam mit den Sängern atmend, trifft mit pulsierenden Grundtempi und genau richtig dosierter Emphase ins Schwarze. Dankbar beflügeln lässt sich davon das Münchner Rundfunkorchester.
Ach ja, und dann war da noch Anna Netrebkos Kleid. Vorab wurde viel über dieses weit ausladende, sechs Kilo schwere Wunderwerk berichtet. Dank umsichtiger Pressearbeit ist auch die exakte Anzahl der verarbeiteten Swarovski-Kristalle bekannt. Damit Netrebko darin auf der Bühne navigieren kann, ist vor dem Orchester extra eine mehrere Meter breite Spielfläche freigehalten, belegt mit dunkel glänzendem Kunststoff, in dem sich die glitzernden Stoffbahnen spiegeln. Ihr macht die Sache sichtlich größten Spaß. Und solange sie singt, wie sie singt, geht das auch absolut in Ordnung.
Kommentare (3)
Freitag, 05.August, 10:45 Uhr
Udo Kaiser
Kritik Salzburg Neuhoff
Das ist alles gut und schön...aber ausgerechnet den weit überschätzten Jonas Kaufmann dagegen ins Feld zu führen, hieße eulen nach athen zu tragen. bitte, verzeihen sie, wenn ich hier als advocatus diaboli schreibe.
J.K. mit seinen furchtbaren Manirismen...dieses im hals gehauchte Piano...immer fast unsichtbar mikrophonverstärkt...4 kleine an beiden seiten seines Reviers...verstärkt zumindest ab dem ersten Rang in vielen großen Häusern...dem Publikum in Köln erklärend, er könne ohne Mikrofon nicht weitersingen....dabei wäre er, wenn er nur im italienischen und französischen Fach singen würde..die Stimme sitzt dann erstaunlich vorne und strahlt...wirklich ein sehr guter Sänger....aber sich auch noch im Wagnerfach zusätzlich zu belasten, hat der Stimme nicht gutgetan.
Donnerstag, 04.August, 01:28 Uhr
Diana Knauer
GROSSARTIG
Ich saß am 01.08.2016 in der Premiere und empfand alles so, wie von Herrn Neuhoff beschrieben! Die Kritik hat den Nagel auf den Kopf getroffen!
Bravi Anna!
Mittwoch, 03.August, 18:09 Uhr
Gudrun
Manon Salzburg
Das ist ein sehr ehrlicher Kommentar, wurde von Freunden, auch so empfunden. Ich war nicht, wollte es mir, nach der wunderbaren Manon in München, mit einem traumhaften Jonas Kaufmann, als Des Grieux, nicht antun