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Buch - Wieland Wagner Revolutionär und Visionär des Musiktheaters

Im Januar dieses Jahres wäre Wagner-Enkel Wieland 100 Jahre alt geworden. Sein Wirken als Regisseur und Bühnenbildner in Bayreuth steht noch immer für die dringend notwendige stilistische Neuinterpretation von Wagners Schaffen nach dem Zweiten Weltkrieg. In ihrem Buch vollziehen Georg Oswald Bauer und Till Haberfeld eine ebenso kompetente wie sachliche Annäherung an den großen Bühnenkünstler.

Bildquelle: Deutscher Kunstverlag Berlin

Der Buchtipp zum Anhören

Für Wieland Wagner, den Enkel Richard Wagners war klar, dass das Werk seines Großvaters nicht mumifiziert und als museale Sehenswürdigkeit aufbewahrt werden kann und darf. "Die Tradition kann nur das tragende Fundament sein, auf dem die an keinen Zeitstil gebundenen Visionen Richard Wagners aus dem Empfinden der Gegenwart heraus neu zu gestalten sind", postulierte er. Deshalb ging es dem Maler, Bühnenbildner und Regisseur in seinen Inszenierungen in Bayreuth und anderswo immer um eine aktuelle Befragung und Deutung der Werke: "Bayreuth ist kein Theatermuseum. Die Wirkung des Werks liegt in seiner stets erneuten Lebendigmachung."

Bayreuth ist kein Theatermuseum.
Wieland Wagner

Abstrakte Bühnenlandschaften

Wieland Wagners Inszenierungen waren so etwas wie die Stunde Null für die ideologisch schwer belasteten Bayreuther Festspiele, die im Dritten Reich unter der besonderen Gunst Adolf Hitlers gestanden hatten. Dementsprechend bedurfte es eines stilistischen Neuanfangs. Und für den stand Wieland Wagner - auch wenn er als junger Mann durch seine Mutter persönlichen Kontakt mit Hitler pflegte. So verwundert es nicht, dass Wieland Wagner in seinen Inszenierungen das Überzeitliche des Mythos in den Werken Wagners akzentuierte.

Wieland Wagner | Bildquelle: picture-alliance/dpa Wieland Wagner | Bildquelle: picture-alliance/dpa Mit seinen abstrakten Bühnenlandschaften und einer ausgeklügelten Lichtregie auf der berühmten "Wieland-Scheibe" (einer kreisrunden Fläche mitten auf der Bühne) suchte er den Anschluss an die Kunst-Avantgarde seiner Zeit: "Wieland ersetzte die herkömmliche durchgehende Darstellungs- und Erzähl-Struktur des Theaters durch Andeutungen, durch Hinweise und Verweise, durch Zeichenhaftes - Theater als ein Ort geistiger Wirklichkeiten. Umgesetzt wird dies in der Raumspannung und in der Bewegung in Raum." So lässt es sich nachlesen in Oswald Georg Bauers und Till Haberfelds neuem Buch über den Wagner-Enkel. Und weiter. "Die Bühnenbilder sind streng genommen nichts anderes als Ausdruck der wechselnden Seelenstimmungen."

Sachliche Würdigung

Oswald Georg Bauers Charakterisierung und Bewertung von Wieland Wagners Leistungen als Regisseur und Bühnenbildner sind geprägt von der intimen Kenntnis der Festspiele. Er war langjähriger Pressechef der Bayreuther Festspiele. Erst im vergangenen Jahr legte er eine aufwändige zweibändige Chronik der Festspiele vor - und nun, zusammen mit Till Haberfeld, einen dokumentarischen Band über das Musiktheater Wieland Wagners. Bei aller Wertschätzung dem Regisseur gegenüber bleibt Bauer wie schon in seiner Chronik der Festspiele erfreulich sachlich und klar in seiner Würdigung. Beweihräucherung ist seine Sache nicht. In dem reich illustrierten Band finden sich denn auch viele Texte von Wieland Wagner selbst zu seinen Regiearbeiten, aber auch von Freunden und Weggefährten, wie etwa von Carl Orff, mit dem Wieland Wagner eine geistige Freundschaft pflegte, die sich vor allem auf die gemeinsame Wertschätzung des griechischen Theaters und Mythos gründete.

Annäherung an einen Bühnenkünstler

Zahlreiche Szenenfotos können zwar einen gewissen Eindruck von der bildnerischen Kraft der Inszenierungen Wieland Wagners geben, das theatrale Erlebnis vermitteln sie aber natürlich nicht. Und so bleibt für den Leser die Annäherung an den Bühnenkünstler Wieland Wagner trotz dieses schönen Buchs im wahrsten Sinn des Wortes papieren, wofür Oswald Georg Bauer freilich die geringste Schuld trägt.

Infos zum Buch

Oswald Georg Bauer, Till Haberfeld:
Wieland Wagner – Revolutionär und Visionär des Musiktheaters
312 Seiten, mit 100 farbigen und 121 schwarzweißen Abbildungen
Preis: € 68,00
erschienen im Deutschen Kunstverlag Berlin

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