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Wieland Wagner - Symposium zum 100. Geburtstag Der Erneuerer der Wagner-Bühne

Ausgerechnet Wieland, der Enkel Richard Wagners, befreite als begnadeter Opernregisseur die Werke seines Großvaters auf der Bühne Bayreuths von allem Plüsch und Bombast. Die Alt-Wagnerianer dankten ihm dies seinerzeit nicht, doch er überführte durch seine Inszenierungen Wagners Werk in die Neuzeit. Am 5. Januar wäre Wieland Wagner 100 Jahre alt geworden. Anlässlich seines Jubiläums findet vom 3. bis 5. August ein Symposium in Bayreuth statt.

Wieland Wagner führt Regie an der Wiener Staatsoper "Lohengrin" 1965 | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Sein Weg als Rebell und Erneurer war ihm nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Geboren 1917 als erstes Kind des Wagner-Sohns Siegfried, zeichnete er schon sehr früh für die Bühnenbilder der Bayreuther Festspiele mitverantwortlich. Und die enge Verbindung der Wagnerfestspiele und insbesondere seines Elternhauses zum Nationalsozialismus trug er damals wohl ohne innere Distanz mit: Als kleiner Junge hatte Wieland den Hausfreund Adolf Hitler Onkel Wolf genannt. Der hatte ihn von allen Wagner-Enkeln am meisten geliebt. Als Hitlers Günstling fand Wieland in den letzten Kriegsjahren Unterschlupf in einer Bayreuther Außenstelle des KZ Flossenbürg. Was Wieland dort machte, ist unklar, jedenfalls entging er so der Front. Sicher ist, dass er schon damals entschlossen war, die Leitung der Bayreuther Festspiele zu übernehmen.

Wieland Wagner-Symposium in Bayreuth

Unter dem Titel "Es gibt nichts ‘Ewiges’. Wieland Wagner - Ästhetik, Zeitgeschichte, Wirkung" veranstaltet das Richard Wagner-Museum in Bayreuth vom 3. bis 5. August 2017 ein wissenschaftliches Symposium anlässlich des 100. Geburtstags des Regisseurs. Die Themen des Symposiums: die ästhetischen Grundlagen und Konzepte Wieland Wagners sowie die Querverbindungen zwischen Biografie, Kunst und Politik.

Wieland Wagner probt die "Walküre"

Strenge, abstrakte Bühnenbilder

Eine Inszenierung von Wieland Wagner, 1952 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Szenenfoto aus dem Bayreuther "Parsifal" von 1952; Inzenierung: Wieland Wagner | Bildquelle: picture-alliance/dpa Wielands Stunde schlug nach dem Krieg. Als persönliche Freundin Adolf Hitlers war seine Mutter Winifred als Leiterin der Festspiele nicht mehr tragbar. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Wolfgang übernahm Wieland die Macht auf dem Grünen Hügel und erwies sich als wegweisender Regisseur. Revolutionär waren die kargen, manchmal abstrakten Bühnenbilder, die strengen, abgezirkelten Bewegungen: Wieland setzte ganz auf Psychologie und archetypische Symbole. Zudem gelang es ihm, viele der begabtesten und bedeutendsten Dirigenten und Sänger seiner Zeit ans Bayreuther Festspielhaus zu binden - nicht zuletzt die Sopranistin Anja Silja, die seine Geliebte wurde. Wieland Wagner beschränkte sich in seinen Regiearbeiten keineswegs auf die Opern seines Großvaters: Er inszenierte Gluck ebenso wie Berg, verschmähte Bizet ebenso wenig wie Orff. Aber natürlich erregten seine Wagner-Deutungen die meiste Aufmerksamkeit - und ernteten keineswegs ausschließlich Lob.

Ich bin der Überzeugung, dass nur Chiffren und abstrakte Zeichen der modernen Kunst dazu geeignet sind, dem heutigen Publikum das Werk Wagners nahe zu bringen.
Wieland Wagner

Viel zu früher Tod

Vor allem die Altwagnerianer waren von Wielands Inszenierungen entsetzt, doch dieser Neubayreuther Stil machte Furore. Als Festspielchef und gefeierter Gastregisseur war er pausenlos auf Achse. Im Sommer 1966 sollte Pierre Boulez sein mit Hochspannung erwartetes Bayreuth-Debüt geben, Wieland führte Regie. Während einer Probe fiel er in Ohnmacht. Anfang Juli wurde er in ein Münchner Krankenhaus eingeliefert. Von der Diagnose Lungentumor erzählte er der Familie erst kurz vor seinem Tod. Drei Monate vor seinem 50. Geburtstag, am 17. Oktober frühmorgens um kurz nach vier, starb Wieland Wagner. Seine Frau Gertrud, eine Tänzerin und Choreografin, sowie seine vier Kinder waren bei ihm.

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