Der Gambist auf dem Bild einer "Häuslichen Musikszene" greift die Töne D und B – vielleicht Dietrich Buxtehude? Die Gambe spielt jedenfalls eine herausragende Rolle bei seinen Triosonaten, neu eingespielt vom Ensemble Arcangelo.
Bildquelle: Alpha Classics
Kostprobe vom 13. August 2017
Arcangelo – Triosonaten von Dietrich Buxtehude
Als eine "freie Art der Instrumentalmusik" ohne strikte Regeln, die "dem Komponisten weite Entfaltungsmöglichkeiten gibt und Gelegenheit an die Grenzen seiner Kunst zu gehen". So beschrieb 1650 der Universalgelehrte Athanasius Kircher den sogenannten Stylus Phantasticus. Erfunden wurde dieser fantastische Stil zwar in Italien, er fand seinen Höhepunkt dann aber im späten 17. Jahrhundert bei den Komponisten der Norddeutschen Orgelschule. Davon zeugen auch die Triosonaten von Dietrich Buxtehude.
Verlassen kann man sich bei diesen Werken eigentlich nur auf den Wechsel von schellen und langsamen Sätzen, letztere meist in der Art von Zwischenspielen oder Überleitungen. Ansonsten probiert Buxtehude munter aus. Er variiert die Anzahl der Sätze, spielt mit den strukturell-formalen Elementen, schafft neben kontrapunktischer Strenge auch Freiräumen für Improvisationen, es gibt halsbrecherische virtuos-instrumentale Herausforderungen, unvermutete Takt- und Tempowechsel sowie nicht zuletzt gewagte harmonische Wendungen.
Von den ersten sieben der insgesamt 14 Triosonaten, die Mitte der 1690er Jahre als op. 1 und 2 im Druck erschienen, legt das Ensemble Arcangelo von Jonathan Cohen eine ungemein klangvolle Variante vor. Eine Besonderheit ist die Verteilung der beiden Melodiestimmen auf zwei in Klangfarbe und Tonlage sehr unterschiedliche Streichinstrumente: zur Geige gesellt sich eine Viola da gamba.
Gerade bei der Klangbalance dieser speziellen Instrumentierung tritt eine Schwachstelle der Einspielung zu Tage. Zwar nutzte Buxtehude die unterschiedliche klangliche Textur geschickt für das Prinzip des konzertanten Wettstreits. Arcangelo gestaltet hier aber mit Cembalo und Laute ein so dermaßen prachtvolles und üppiges Continuo, dass sich nur die Geige wirklich gut durchsetzen kann. Die feingliedrige Gambe hat es dagegen schwer und geht oft ein wenig unter.
Trotzdem: die Unberechenbarkeit und kreativ-fruchtbare Experimentierfreude dieser Sonaten bringt Arcangelo hervorragend zur Geltung. Die Lust, die Buxtehude vermutlich beim Komponieren hatte, wird zur Spiel-Lust und Spiel-Freude der ausführenden Musiker - und eine Lust und anregendes Vergnügen für alle, die als Zuhörer oder Publikum daran teilhaben dürfen.
- Triosonaten von Dietrich Buxtehude
- Arcangelo
- Label: Alpha Classics
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 13. August 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK