Johann Christian Bach und Carl Friedrich Abel verband eine lange Künstlerfreundschaft. Jetzt sind Bachs Quartette für den Gambenvirtuosen Abel in der Urfassung entdeckt worden. Eine gelungene Ersteinspielung mit Thomas Fritzsch.
Bildquelle: Coviello Classics
Der CD-Tipp zum Nachhören
Es war die berühmteste Junggesellen-Künstler-WG im London des 18. Jahrhunderts. Der jüngste Bach-Sohn Johann Christian Bach, gefeierter Pianist und Komponist, und der zwölf Jahre ältere Carl Friedrich Abel, der letzte Groß-Virtuose auf der Viola da Gamba und ebenfalls Komponist, lebten gemeinsam in einer Wohnung im vornehmen Stadtteil Soho. Sie waren Kammermusiker bei der britischen Königin Sophie Charlotte und betätigten sich erfolgreich als Konzertunternehmer, indem sie die ersten Abonnementskonzerte Englands ins Leben riefen. 17 Jahre lang zählten ihre "Bach-Abel Concerts" mit zu den beliebtesten Veranstaltungen im Gesellschaftsleben Londons. Als Bach 1774 Abels Ex-Geliebte, die italienische Opernsängerin Cecilia Grassi heiratete, war es zwar aus mit der Wohngemeinschaft, nicht aber mit der Freundschaft der beiden Musiker.
Angesichts der engen Beziehung der beiden Freunde, erschien es der Musikwissenschaft bislang merkwürdig, dass Johann Christian Bachs Oeuvre kaum Kompositionen für die Viola da Gamba aufweist. Doch jetzt wurde durch neue Manuskriptfunde belegt, dass Bachs damals europaweit gespielten "Sechs Quartette für Oboe, Violine, Bratsche und Violoncello opus 8" in ihrer Urfassung statt der Bratsche für Viola da Gamba komponiert wurden. Und so wurden sie auch bei den legendären "Bach-Abel Concerts" aufgeführt.
Herausgefunden hat das der weltweit renommierte Gambist Thomas Fritzsch, der auf die späte Gambenmusik des 18. Jahrhunderts spezialisiert ist und schon andere Gambenkompositionen bei Abel, Bach und Telemann entdeckt, ediert und eingespielt hat. Thomas Fritzsch, der gern auch als der "Casals der Gambe" bezeichnet wird, legt Bachs "Sechs Quartette" für Carl Friedrich Abel jetzt in einer mustergültigen Ersteinspielung vor. Verstärkt hat er sich dazu mit dem Barockgeiger Daniel Deuter, dem Barockoboisten Go Arai und der Cellistin Inka Döring - allesamt erfahrene Virtuosen und Experten der historischen Aufführungspraxis.
Alle "Sechs Quartette" sind zweisätzig, mit einem längeren ersten Satz in Sonatenform und einem kürzeren zweiten Tanzsatz als Menuett oder Rondo. Quartette voller Charme und Eleganz, bei dem Oboe, Geige und Gambe miteinander in melodiösen Wettstreit treten und das Violoncello dazu den stützenden Bass beisteuert. Thomas Fritzsch und seine drei Kollegen interpretieren diese Quartette filigran und grazil, ohne dass ihnen dabei die Spielfreude und die Leidenschaft abgingen. Eine beachtliche Aufnahme von einem schönen Fund. Denn nicht lange nach Bachs Quartetten war die Gambe völlig aus der Mode gekommen.
Thomas Fritzsch (Viola da Gamba), Daniel Deuter (Violine), Go Arai (Oboe), Inka Döring (Violoncello)
Label: Coviello Classics
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 10. September 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK