Selten wird sie gespielt, Franz Schuberts Es-Dur-Klaviersonate D 568. Der Wiener Komponist hatte sie zuerst in Des-Dur angefangen, aber nicht vollendet. Dann hat er die Sonate überarbeitet. Doch auch im neuen Gewand in Es-Dur wurde sie erst nach seinem Tod veröffentlicht.
Bildquelle: Atma Classique
CD- Tipp 24.05.2016
Der CD-Tipp zum Nachhören!
Auch hat die Überarbeitung nicht wirklich dazu geführt, dass der erste Satz strukturiert, klar, stringent daherkommt. Schubert wandert hier in fremde Tonarten, erkundet assoziativ abgelegenste Regionen. Dieser ausufernde, erste Satz musste deshalb sogar als Beleg für die These herhalten, Schubert habe keine guten Klaviersonaten komponieren können.
Dieses romantische Umhertändeln in der Welt der Tonarten macht die Sonate nicht gerade eingängig. Und sie ist auch nicht leicht zu gestalten. Doch von diesen Schwierigkeiten merkt man bei Janina Fialkowska überraschenderweise kaum etwas. Sie beginnt die Sonate mit luzider Klarheit, die an Mozart denken lässt. So werden uns die Hauptthemen präsentiert: als erkennbare Grundlage.
Sie gilt als Spezialistin für das Klavierrepertoire von Frederic Chopin, denn sie hat wesentliche Anregungen vom legendären Arthur Rubinstein bekommen. Der lobte die junge kanadische Pianistin als "geborene Chopin-Interpretin". Doch längst ist Janina Fialkowska zu einer "Grande Dame" des Klaviers geworden. Auch mit Chopin - aber nicht nur. Zuletzt hat sie etwa eine sensibel musizierte Grieg-Platte vorgelegt. Auch ihre erste CD mit Werken von Schubert vor drei Jahren fand großen Anklang. Jetzt hat Janina Fialkowska, pünktlich zu ihrem 65. Geburtstag am 7. Mai 2016, ihre zweite Schubert-Platte vorgelegt.
Und von hier aus entstehen dann alle Abweichungen, alle Umwege nehmen hier ihren Ausgang. "Eine Sonate, voll von überraschenden Wendungen, sowohl auf struktureller, als auch auf emotionaler Ebene", sagt Janina Fialkowska - und reicht uns Zuhörern ihre hilfreiche, unterstützende Hand. Indem sie die Themen erkennbar voneinander abhebt, sind Bezugspunkte da. So gibt sie uns hörbare Orientierung - was die vielen Wendungen ja nicht zerstört. Aber sie begegnen uns nun, auf diese kluge Weise gestaltet, mit einer gewissen Leichtigkeit.
Seit Jahren befasst sich Janina Fialkowska mit Schubert. Doch lange hat sie gezögert, ihn auch öffentlich zu präsentieren. Denn sie weiß, dass bei Schubert Untiefen lauern. Und dass sich die wahren Tiefen erst allmählich offenbaren. Diese Schätze birgt die Pianistin gewissenhaft und bringt sie mit großer Achtsamkeit ins Hörbare. Auch bei den Impromptus op, 142 geleitet sie uns durch Abstürze und Höhenflüge. Diese Schubert’schen Extreme brauchen eine sichere Hand. So ist Janina Fialkowkas Schubert-Platte ein Geschenk. Vielleicht sogar für die Pianistin selbst. Aber ganz sicher für uns!
Franz Schubert:
Klaviersonate Nr. 7 in Es-Dur, op. 122, D 568
Vier Impromptus, op. 142, D 935
Janina Fialkowska (Klavier)
Label: Atma Classique