Am 5. Juli vor 125 Jahren wurde Paul Frankenburger in München geboren, besser bekannt als Paul Ben-Haim. Er war als Dirigent, Pianist und Komponist in München und Augsburg tätig, emigrierte 1933 nach Palästina und baute dort das Musikleben des junges Staates Israel entscheidend mit auf. In diesem Zuge änderte er auch seinen Nachnamen in Ben-Haim, was übersetzt "Sohn Heinrichs" entspricht. Werke für Streichorchester von Paul Ben-Haim hat nun die Bayerische Kammerphilharmonie aufgenommen.
Bildquelle: Avi
Der CD-Tipp zum Anhören
Gegensätze ziehen sich an: Beschwingte Tanzrhythmen treffen auf zurückgenommene Momente, leise Melodien werden mit perkussiver Wucht aufgenommen und fortgeführt. Kontraste auf gekonnte Art und Weise zu verschmelzen ist charakteristisch für die Musik von Paul Ben-Haim und wunderbar nachzuvollziehen auf der neuen CD der Bayerischen Kammerphilharmonie.
Pünktlich zum 125. Geburtstag von Paul Ben-Haim, geboren 1897 in München unter dem Namen Paul Frankenburger, ist ein Album mit vier Stücken für Streichorchester erschienen, darunter auch zwei Werke mit solistischen Parts: die "Pastorale Variée" für Klarinette, Harfe und Streichorchester sowie "Three Songs without Words" für Stimme und Streichensemble. Alle ausgewählten Werke hat Ben-Haim in den elf Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg komponiert in einer Zeit, die für ihn bedeutsam und nachhaltig prägend war. Hoffnung und Aufbruchsstimmung standen im Schatten der katastrophalen Ereignisse in Europa und den schmerzhaften Erfahrungen von Verfolgung und Exil.
Dieses Album wird lieben, wer …
… Streichersound liebt.
Dieses Album lohnt sich, weil …
… ein toller Komponist neu zu entdecken ist.
Dieses Album lädt ein zum …
… Nachdenken über Zeitgeschichte.
Als junger Dirigent assistiert Paul Ben-Haim am Bayerischen Staatstheater Bruno Walter und Hans Knappertsbusch und wird später Kapellmeister in Augsburg, damals noch unter dem Namen Paul Frankenburger. Als Komponist orientiert er sich an Gustav Mahler und Richard Strauss. Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten entscheidet er sich zur Auswanderung nach Palästina, ändert seinen Namen zu Ben-Haim und arbeitet zunächst als Pianist und Dirigent. Bald wird Paul Ben-Haim zu einer der einflussreichsten Personen für das Musikleben Palästinas und die Entwicklung eines israelischen Personalstils. Er vereint in seinen Kompositionen Einflüsse aus der europäischen, der israelischen und der arabischen Tradition, aus der geistlichen und der weltlichen Musik. Eine Schlüsselfigur spielt die intensive Zusammenarbeit mit der jemenitisch-israelischen Sängerin Bracha Zefira, aus der auch die Drei Lieder ohne Worte hervorgegangen sind, auf dieser CD eindrücklich interpretiert von Talia Or.
Mit Energie und äußerst präzise erkundet die Bayerische Kammerphilharmonie unter Leitung von Konzertmeister Gabriel Adorján die intensive Klangsprache Paul Ben-Haims. Letztlich ist dieses tolle Album eine Komponisten-Hommage, die auch die gesellschaftliche Idee dieser Musik herausstellt. Indem Ben-Haim Strömungen aus verschiedenen Sphären zusammenführt, steht seine Musik für die Utopie eines gleichberechtigten Miteinanders in Palästina: Menschen aus verschiedenen Kulturen können voneinander profitieren und einen gemeinsamen Weg finden. Bleibt nur immer wieder zu wünschen, dass dieser in Musik eingeschriebene humanistische Funke nicht nur Utopie bleibt, sondern auch stellenweise und immer wieder Realität werden kann!
Paul Ben-Haim:
Concerto for Strings op. 40
Pastorale Variée op. 31b für Klarinette, Harfe und Streicher
Three Songs without Words für Sopran & 12 Streicher
Music for Strings
Bettina Aust (Klarinette)
Talia Or (Sopran)
Bayerische Kammerphilharmonie
Leitung; Gabriel Adorján
Label: CAvi
Sendung: "Piazza" am 02. Juli 2022 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)