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Filmkritik - "Der Nussknacker und die vier Reiche" Disney und Tschaikowsky im Pas-de-deux

Eine neuer Disney-Film wird ab November die Vorweihnachtszeit versüßen. Mit einer Starbesetzung erfährt die bekannte Geschichte aus Tschaikowsky "Der Nussknacker" durch Lasse Hallström und Joe Johnston eine filmische Fortführung ins Reich der Magie.

Bildquelle: Disney

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Erwartungsvoll folgt die junge Clara auf dem opulenten Weihnachtsball ihres Patenonkels einer Schnur, die sie zu ihrem Geschenk bringen soll. Sie schleicht durch einen geheimnisvollen, immer dunkler werdenden Gang mit einer Tapete voller Eulen, die sich in Mäuse verwandeln – und am Ende des Tunnels gelangt sie durch eine riesige hole Wurzel in eine weiße Winterwunderlandschaft, in die Welt des Nussknackers.

Eine Fortsetzung der bekannten Nussknacker-Geschichte

Disney-Film "Nussknacker und die vier Reiche" | Bildquelle: Disney Szene aus Disney-Film "Der Nussknacker und die vier Reiche" | Bildquelle: Disney In einem verschneiten Tannenbaum hängt am Ende der Schnur ihr Geschenk – ein Schlüssel. Doch den schnappt ihr eine Maus vor der Nase weg. Clara folgt ihr, und das Abenteuer beginnt: Sie trifft auf den Nussknacker, der bringt sie in ein wunderschönes Schloss, indem ihre Mutter einst regierte – dort braucht man dringend Claras Hilfe.

"Der Nussknacker und die 4 Reiche" ist eine Fortsetzung der bekannten Nussknacker-Geschichte. Die Hauptfigur ist die Tochter der inzwischen verstorbenen Marie. Vor dem Original verneigt sich der Film mit einigen Hommagen. So lässt etwa die Zuckerfee für Clara ein Ballett aufführen. Allein diese Ballettsequenz haut einen optisch schon um, und macht klar, dass mit dem Wort opulent bislang viel zu verschwenderisch umgegangen wurde: Denn das, was in diesem Film zu sehen ist, ist opulent.

Genialer Ballett-Kitsch

Bei jedem Tanzschritt blühen unter den Füßen Blumen auf, während sich im Hintergrund farbenfrohe Windräder drehen, riesige Pflanzen nach oben wuchern und es aus pinken Federpalmen glitzernde rosa Blütenblätter schneit. Ja, das ist Kitsch, das ist ein optischer Zuckerschock. Das ist berauschend schön – und noch dazu historisch informiert: denn im Ballett werden auch die kunterbunten Uraufführungsbühnenbilder des "Nussknackers" zitiert. Und um die Reizüberflutung perfekt zu machen, findet das Ganze in einem Palast statt, der aussieht, als hätte man das Schloss in Disney-World mit der Basilius-Kathedrale in Moskau gekreuzt, und mit irren Maschinen aus Jules-Verne-Romanen ausgestattet – unzählige Zahnräder und Dampfmaschinen ergänzen den Ballett-Kitsch mit Steam-Punk. Genial.

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Der Nussknacker und die vier Reiche - Offizieller Trailer (deutsch/german) | Disney HD | Bildquelle: Disney Deutschland (via YouTube)

Der Nussknacker und die vier Reiche - Offizieller Trailer (deutsch/german) | Disney HD

Plastische weibliche Charaktere

Genial ist auch die liebevolle, virtuose Regie und die Besetzung. Disney bleibt seinem neuen, zeitgemäßen Kurs treu, plastischere weibliche Charaktere zu erschaffen, und setzt nicht mehr nur auf weiße Schauspieler. Und das ist gut so: Morgan Freeman als Pate Drosselmeyer ist fantastisch, Kira Kneightly spielt die Zuckerfee – die übrigens Haare aus rosa Zuckerwatte hat – sichtlich lustvoll und erstaunlich facettenreich. Hellen Mirren gibt ihre Widersacherin Mutter Ginger bodenständig-resolut und Mackenzie Foy in der Hauptrolle ist eine starke junge Außenseiterin, Mechanikerin und Action-Heldin. Und Jayden Fowora-Knight spielt seinen Nussknacker so intensiv und liebevoll – und sieht dabei so gut aus, dass man hofft, diesen Newcomer häufiger auf der Leinwand zu sehen.

In Fußstapfen Tschaikowskys

Als wäre dieses karamell- und schokotriefende Lebkuchenhaus von einem Weihnachtsfilm nicht schon üppig, süß und farbenfroh genug, kommt als Zuckerguss mit Streuseln und knackigem Krokant noch die Musik von James Newton Howard obendrauf. Der meistert die Bürde, in die Fußstapfen Tschaikowskys treten zu müssen, bravourös. Er webt bekannte Themen aus dem "Nussknacker" in seine spannungserzeugende, narrative Filmmusik ein und Gustavo Dudamel dirigiert sie so, wie man einen Soundtrack dirigieren muss: im Dienste des Films. Das Ergebnis ist wie die Inszenierung, Besetzung und Ausstattung perfekt: Disney im Pas-de-deux mit Tschaikowsky. Bravo.

Sendung: "Allegro" am 2. November 2018 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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