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Filmtipp: "That Pärt Feeling" Portrait eines rätselhaften Komponisten

Er ist der wahrscheinlich populärste Komponist zeitgenössischer klassischer Musik. Einer, dessen Klänge man innerhalb weniger Sekunden erkennt, so charakteristisch ist der Sound, den der Este Arvo Pärt geschaffen hat. Heute, am Tag vor seinem 85. Geburtstag, kommt ein Dokumentarfilm in die Kinos, der versucht, das Phänomen Pärt zu greifen.

Bildquelle: Paul Hegeman Productions

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Der Filmtipp "That Pärt Feeling"

Wie sagen, wie beschreiben, was man spürt, wenn man Pärt spielt? Obwohl sein ganzer Film um diese Frage kreist, forciert Regisseur Paul Hegemann die Antwort nicht. Lässt seine Protagonisten zögern, stottern und stocken, sich sammeln, neu ansetzen – und schließlich Dinge sagen, die alle irgendwie passen, obwohl sie einander widersprechen.

Formlos, fluide sei diese Musik, heißt es da etwa, aber auch architektonisch, streng gebaut, mathematisch sogar. Nicht analysierbar allerdings, nur spürbar, sie spreche mehr das Gefühl an als den Intellekt, jedoch alles andere als simpel, eben spirituell, außerweltlich, aber doch auch sehr weltlich, lebensnah. Alles klar.

Mythos Arvo Pärt

So mäandert es etwa eineinhalb Stunden vor sich hin. Dieser Film strickt am Mythos. An der Verrätselung einer Figur, die sowieso schon rätselhaft ist: Arvo Pärt, der estnische Einsiedler, Solitär der zeitgenössischen Musik. Öffentlichkeitsscheu, aber so erfolgreich wie kaum ein anderer Vertreter seiner Zunft. Und das nicht nur bei den Spezialisten, den Musikerinnen und Musikern, sondern auch bei einem Publikum, das mit klassischer Musik wenig am Hut hat. Was schon zeigt: Ambivalent ist die Sache selbst. Pärts Musik ist einfach und herausfordernd zugleich.

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That Pärt Feeling: The Universe of Arvo Pärt (2019) | Trailer | Arvo Pärt | Tõnu Kaljuste | Bildquelle: Film Movement (via YouTube)

That Pärt Feeling: The Universe of Arvo Pärt (2019) | Trailer | Arvo Pärt | Tõnu Kaljuste

Schwer zu spielen sei die Musik Arvo Pärts eigentlich nicht, weder virtuos noch rhythmisch sonderlich vertrackt, sagt Candide Thompson, Geigerin in der Amsterdam Sinfonietta – aber diese Musik schweben zu lassen, das verlange nicht nur eine unglaubliche Präzision, sondern mehr noch: das Glück des Gelingens.

Reduzierter Film von Paul Hegeman

Szene aus dem Kinofilm "That Pärt Feeling" von Paul Hegeman | Bildquelle: Paul Hegeman Productions Bildquelle: Paul Hegeman Productions Hegeman hat einen sehr reduzierten Film gemacht – darin seinem Gegenstand nicht unähnlich. Proben- und Konzertausschnitte wechseln sich ab mit kurzen Interviewsequenzen, in denen Pärt-Interpreten, nun ja, Pärt interpretieren, sprich: erzählen, wie sie seine Musik hören, verstehen, empfinden. Neben der Geigerin Thompson sind das etwa auch der Pianist Ralph van Raat, der Filmemacher Alain Gomis oder der Dirigent Tõnu Kaljuste.

Filminfo

"That Pärt Feeling" - "Das Pärt Gefühl"
Von Paul Hegeman
Dauer: 1 Stunde 15 Minuten
Kinostart: 10. September 2020

Szene aus dem Kinofilm "That Pärt Feeling" von Paul Hegeman | Bildquelle: Paul Hegeman Productions Bildquelle: Paul Hegeman Productions Der Klang steht dabei immer im Vordergrund, Biographisches, gar Persönliches fließt eher nebenbei ein. Am stärksten dort, wo der Komponist selbst vor die Kamera tritt. Hegeman filmt ihn während der Proben mit dem Amsterdam Cello Octet. Der Zuschauer sieht Pärt dabei zu, wie ihn seine eigene, so sphärische Musik in einen Zustand akribischer Erregung versetzt. Alles an diesem Mann ist Aufmerksamkeit: der helle, sehnende Blick, der gespannte Körper, die nervöse Miene. Hier hört einer zu, der weiß, dass das kleinste Detail über Ge- und Misslingen, über Stürzen und Schweben entscheidet – und sei's das Mittagessen.

Etwas ruhiger. Sie sind voller Energie, wir haben eine Mahlzeit gehabt und das fühlt man natürlich.
Arvo Pärt nach dem Mittagessen zu den Musikerinnen und Musikern

Das stärksten Momente dieses Films sind die, in denen sich das Fragile der Musik Arvo Pärts über den Zuhörer Arvo Pärt vermittelt. Und genauso ihre expressive Kraft. Es sei einmal ein Hund in einem seiner Konzerte gewesen, so erinnert sich der Chordirigent Raul Boesten an eine Anekdote des Komponisten. Der habe auf dem Höhepunkt der Musik begonnen, ekstatisch zu heulen. Er, so Pärt über sich selbst – er sei wie dieser Hund.

Sendungsinfo: "Allegro" am 10. September 2020 ab 06.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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