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Filmtipp: "Klavierstunden – Making the Grade" Wenn ein Bild zur Pointe wird

Musikdokumentationen nehmen sich häufig die Stars der Branche vor: die großen Meisterinterpreten und -interpretinnen, deren "Genie" in einfühlsamen Portraits ergründet werden soll. Genau das Gegenteil macht die Dokumentation "Klavierstunden – Making the Grade": Über 30.000 Klavierschüler gibt es in Irland. Einigen davon hat Regisseur Ken Wardrup beim Üben und im Unterricht über die Schulter gesehen. Kinostart ist der 16. Januar.

Bildquelle: © déjà-vu film

Der Film-Tipp zum Anhören

"Making the Grade" – der englische Originaltitel lässt eigentlich eine ziemlich konventionelle Dramaturgie vermuten: die Heldenreise. Klavierschüler stolpert über die Tasten, Klavierlehrer motzt, Schüler denkt: Das schmeiß ich hin! Dann aber doch: Ehrgeiz – besser noch, Freude, Lust. Schließlich: Vorspiel, Applaus, Film aus.

Acht Leistungsstufen

Doch dieser Film funktioniert nicht so. Tatsächlich trifft der deutsche Titel den Nagel eher auf den Kopf. Der lautet nämlich ganz lapidar: "Klavierstunden". Und genau darum geht es. Um Klavierstunden – mit den unterschiedlichsten Lehrern. Und den unterschiedlichsten Schülern, die allerdings alle ein Ziel haben: "Making the Grade" – also doch. Acht Leistungsstufen kennt das musikalische Ausbildungssystem in Irland. Acht Prüfungen, bis Du es schwarz auf weiß hast: Jetzt hast Du‘s drauf mit dem Klavierspielen.

Klaviereleven und nervöse Elternteile

Tatsächlich spielt jedoch das Prüfungsvorspiel, das Erklimmen der nächsthöheren Leistungsstufe im Film keine allzu große Rolle. Das Ausbildungssystem ist mehr ein Hintergrundsummen. Nur hin und wieder präsent – etwa wenn die Kamera nervöse Klaviereleven und noch nervösere Elternteile einfängt, wartend in irgendwelchen Musikschulfluren. Eine Atmosphäre wie auf dem Amt: Die Ausbildungsbürokratie ruft, und alle sind gekommen.

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KLAVIERSTUNDEN - MAKING THE GRADE | Trailer deutsch german [HD] | Bildquelle: kinofilme (via YouTube)

KLAVIERSTUNDEN - MAKING THE GRADE | Trailer deutsch german [HD]

Situationen wie Spitzweg-Gemälde

Überhaupt beweist Regisseur Ken Wardrop, dass er ein Händchen hat für das Skurrile, den Moment, in dem ein Bild zur Pointe wird. Bei seinen Unterrichtsbesuchen fängt er immer wieder Situationen ein, die an Spitzweg-Gemälde erinnern: Biedermeier mit ironischem Schliff. So zum Beispiel in dieser Unterrichtsszene: die Mutter auf der Kante des Wohnzimmersofas, hospitalistisch wippend im Takt des töchterlichen Klavierspiels. Dann der Blick durchs Wohnzimmerfenster: Draußen im Auto eine Zeitung. Dahinter der Vater.

Mannigfache Formen von Beziehungen

"Klavierstunden – Making the Grade", Szenenfoto | Bildquelle: © déjà-vu film Szenenforo aus ""Klavierstunden" | Bildquelle: © déjà-vu film Mehr als für den Unterricht selbst interessiert sich Wardrup für Beziehungen – jene zwischen Eltern und Kindern, und vor allem jene zwischen Lehrern und Schülern. Und es gelingt ihm, auch den Zuschauer dafür zu interessieren. Zumindest stellt sich beim Zusehen schnell eine Art von Adventskalenderspannung ein: Was wartet hinter dem nächsten Türchen? Welcher mehr oder weniger funktionalen pädagogischen Zweckgemeinschaft begegnen wir nun? Etwa der fröhlichen und schon etwas in die Jahre gekommenen Schwester Carol, die – kein ganz leichtes Unterfangen – das Zusammenspiel eines gleichermaßen konkurrierenden wie pubertierenden Brüderpaares dirigiert. Oder die sanfte Amanda, die ihre Schülerin, dreizehn vielleicht, schüchtern, im rosa Fransenpulli zu einem Piano-Rap überredet. Oder die energische Sheila, die grimmig dem suboptimalen Klavierspiel ihrer Schülerin lauscht, um am Ende doch ein verzweifelt-widerwilliges "Talent hat sie!" herauszupressen. Oder der etwa zehnjährige Cormac, dem seine Lehrerin am Klavier mit auslandenden Gesten von Gefühlen vorschwärmt, während der junge Mann selbst ein eher pragmatisches Verhältnis zum Instrument pflegt.

Ein Moment des Staunens

Glücklicherweise machen nicht alle der im Film porträtierten Klavierschüler einfach ihren Job. Im Gedächtnis bleibt die Begegnung mit der kleinen Rose. Die so anders am Klavier sitzt als die anderen. Den Körper nicht ans Instrument quält, die Finger in die Tasten hackt, sondern einen überraschend intuitiven, unverkrampften Zugang zu den Tasten hat. Die einfach organisch gestaltet, ohne von ihrer Lehrerin dazu ermahnt zu werden. So gesellt sich zu den vielen unterhaltsamen und witzigen Momenten dieses Films auch noch einer, der richtig staunen lässt.

Sendungsinfo: "Allegro" am 16. Januar 2020 ab 06.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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