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Film-Tipp: "Mein Leben - ein Tanz" Comeback einer Flamenco-Ikone

Als La Chana wurde die Flamenco-Tänzerin Antonia Santiago Amador in den 60er- und 70er-Jahren weltberühmt. Ihr Mann managte sie zunächst, wurde dann aber neidisch auf ihren Erfolg, schlug sie und zwang sie schließlich, ihre Karriere zu beenden. 1977 war das, als Antonia 31 war. Erst 30 Jahre später arbeitet sie an ihrem Comeback. Die Filmemacherin Lucija Stojevic hat über das komplizierte Leben der Flamenco-Königin einen Dokumentarfilm gedreht.

Bildquelle: © temperclayfilm

Der Film-Tipp zum Anhören

Was La Chana weiß, das hat nichts mit herkömmlicher Bildung zu tun. Was sie weiß, ist, wie man Rhythmus mit den Füßen lebendig macht, mit dem Körper den Takt hält und vor allem, wie sie ihre Seele mit den Fingerspitzen ausdrückt. Der einstige Star Antonia ist inzwischen fast 70, kann kaum noch gehen, die Knie sind geschwollen und kugelrund wie ein Hefeteig. Presst sie aber die Füße in ihre Flamencoschuhe, dann klopfen, surren, schnarren, klappern die immer noch ungebremst. Sie gehorchen dem Takt ihres Klatschens in jeder Nuance.

Behäbige Dame mit rasanten Füßen

Mein Leben - Mein Tanz - Szenenbild aus dem Dokumentarfilm über die berühmte Flamencotänzerin Antonia Santiago Amador | Bildquelle: © temperclayfilm La Chana - Filmszene | Bildquelle: © temperclayfilm Es ist ein skurriles Bild: Die alte, behäbig wirkende Dame mit dem tiefen Dekolletee, mit glitzerndem Teint, behängt wie ein Weihnachtsbaum, geschminkt wie für einen Auftritt, scheint festgewachsen in ihrem Lehnstuhl. Der Kontrast dazu sind ihre Füße, die sich so rasant schnell bewegen, als stünden sie unter Strom. Ihr Gesichtsausdruck beim Tanzen ist würdevoll und selbstbewusst.

Ja, sie sieht unglaublich schön aus, so anmutig und stolz. Trotz vieler Krisen hat sich La Chana immer wieder aufgerappelt. Am schlimmsten war die Zeit, als sie auf der Straße saß, verlassen vom tyrannischen Ehemann, der ihr zwei Rippen gebrochen hatte, der ihr das Tanzen verboten hatte auf dem Höhepunkt ihrer Karriere.

Ich fühlte mich alleine, weil ich mit niemandem über meine Tragödie sprechen konnte.
La Chana

Dalí - der Besucher mit den Geparden

Sie fand erst nach der Trennung von ihrem Ehemann zu sich, als sie wieder ins Flamencokleid schlüpfte und einen Neuanfang als Tänzerin wagte - La Chana, die einstmals sogar von Salvador Dalí verehrt wurde. "Dalí kam fast jeden Tag und schaute uns beim Tanzen zu - mit seinen Geparden und ihren Diamanthalsbändchen. Dass er kam, gefiel mir nicht, weil immer, wenn ich heftig stampfte, knurrten diese Tiere. Das machte mir Angst. Und ich dachte mir, warum muss der Typ hierher kommen mit seinen Katzen?"

Er musste sie einfach besuchen, angezogen von der enormen Kraft, die La Chana ausstrahlte. So ergeht es einem auch, wenn man sie in diesem Film erlebt. So erging es Abend für Abend Tausenden, die sie live gesehen haben: wenn La Chana auf der Bühne mit geschlossenen Augen ihren Körper zu einem Rhythmusinstrument werden ließ.

Wenn du Flamenco mit der Seele, mit dem Wesen, mit dem Blut tanzen willst, müssen wir den Takt in unsere Sinne eingraviert haben!
La Chana

Flamenco im Sitzen

Behutsam setzt die Regisseurin Stojanovic altes Filmmaterial ein. Zeitungsartikel und Fotografien rattern im drängelnden Takt der Flamencomusik über die Leinwand wie bei einer aus den Fugen geratenen Diashow.

Mein Leben - Mein Tanz - Szenenbild aus dem Dokumentarfilm über die berühmte Flamencotänzerin Antonia Santiago Amador | Bildquelle: © temperclayfilm La Chana - Filmszene | Bildquelle: © temperclayfilm Chanas Geschichte wird im vollgestopften Wohnzimmer erzählt, in der Küche beim Zwiebelschneiden, auf der Terrasse beim Kaffeetrinken. Und so schaukelt und stampft der Film auf das Highlight zu, nämlich eine letzte Vorstellung auf der Bühne: La Chana mit knapp 70, Flamenco im Sitzen! 

Das Persönliche an dem Film macht die Erzählperspektive aus, denn es kommen allein sie selbst, der zweite Ehemann Felix, ein Tangotänzer und die Tochter zu Wort. Ihr steigen Tränen in die Augen, wenn sie sich an die tanzende Mutter erinnert, die ihr immer fremd geblieben ist.

Ich sah auf der Bühne eine Naturkraft, die zufällig so aussah wie meine Mutter.
La Chana

Dass es Lucija Stojevic nicht allein um das Porträt einer Flamenco-Künstlerin geht, zeigt die sensible, mitunter fast indiskrete Kameraführung. So schaut man zu, wie sich diese alte Frau schminkt, wie sie mit Farbe das Funkeln in ihren Augen verstärkt. Darum ist La Chana auch ein Film über das Altern der Frau, weiblichen Stolz, den Willen und das Wichtigste im Leben - nämlich die Seele zu erspüren und auszudrücken.

Film: "Mein Leben - ein Tanz"

Eine Dokumentation von Lucija Stojevic
Länge: 86 Minuten

Filmstart: 28. September 2017

Der Dokumentarfilm kam bereits Anfang 2017 in Estland heraus und wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet.

Sendung: "Allegro" am 28. September 2017, 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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