Breakdance, Hip-Hop und Capoeira tanzen zu den Klängen der Mondscheinsonate? Nach den erfolgreichen Produktionen "Flying Bach" und "Breakin' Mozart" bringt der Regisseur Christoph Hagel jetzt das Leben von Beethoven als Tanzshow auf die Bühne.
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BR-KLASSIK: Christoph Hagel, Sie nennen Ihre Produktion "Beethoven! The Next Level" auch eine "Urban Dance Show". Wo ist denn der Unterschied zum Tanztheater?
Christoph Hagel: Urban Dance ist Breakdance, Hip-Hop, Capoeira - alles Mögliche, und eben kein Tanztheater, das aus der künstlerischen Welt kommt. Es ist Streetdance, ganz einfach. Und die Idee war, Streetdance mit seiner Kraft und seiner Energie mit Beethoven zu kombinieren.
BR-KLASSIK: "Beethoven! The Next Level" erinnert ein bisschen an ein Computerspiel. Welches nächste Level, welche neue Ebene eröffnet sich dem Zuschauer?
Christoph Hagel: Ich denke, dass man die Musik sehen kann: nicht nur hören, sondern eben auch sehen. Wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, die Inhalte und auch die Figuren, die Motive, die Entwicklungen in der Musik sehr genau zu choreographieren und in Streetdance zu übersetzen. Ich denke, dass das neue Level heißt: "to see music".
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BR-KLASSIK: Sie sprechen von Figuren, das heißt, es gibt eine Art getanzter Biographie?
Christoph Hagel: Das auch. Ich sprach jetzt eigentlich von den musikalischen Figuren, von den Motiven, von den berühmten Pattern, die Beethoven geschrieben hat. Beethoven ist ja der erste Komponist, der sich selber, seine Ideen, seine Visionen und auch seine Albträume in das Zentrum seiner Musik stellt. Die Komponisten davor haben sich anderen Themen wie z. B. Gott zugewandt, und Beethoven greift zur Bewältigung seiner selbst. Deshalb haben wir gesagt, wir choreographieren nicht nur die musikalischen Inhalte, sondern auch die Botschaften - und die kreisen sehr um die Person Beethoven. Er ist auch der erste Komponist, der zu einem Mythos geworden ist. Ich sage etwas provokativ: Er war der erste Popstar.
BR-KLASSIK: Was haben denn Beethoven, Beat und Breakdance gemeinsam - außer dem "B"?
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Christoph Hagel: Beethoven ist ein Komponist für die Jungen - wegen seiner unglaublichen Energie, und die heißt bei der Jugend dann "Power". Er ist auch ein Komponist für die Jungen weil er von einer besseren Welt geträumt hatte - er war ja auch lange Zeit glühender Anhänger der Französischen Revolution und versuchte diese Idee in seine Symphonien und in die Musik hineinzubringen. Und all das findet man natürlich in dem Aufbegehren des Breakdance und Streetdance wieder. Da sehe ich die Verwandtschaft: Es ist eine Verwandtschaft der Energie und der Vision.
BR-KLASSIK: Die Stilrichtungen der Show vereinen allerlei, was der Tanz hergibt: Urbandance, Akrobatik, Modern Dance, aber auch klassisches Ballett. Da könnte man ja jetzt ganz bissig sagen: für jeden was dabei. Wie verweben sich die unterschiedlichen Tanzrichtungen zu einer Show?
Christoph Hagel: Das hängt mit den Personen zusammen, die mittanzen. Wir haben einen Beethoven: Khaled Chaabi, ein deutsch-syrischer Tänzer. Schon sehr lange hatte ich die Idee, dieser junge, wilde Tänzer soll Beethoven verkörpern. So ist auch das Projekt entstanden. Auf der anderen Seite steht die zeitgenössische japanische Tänzerin Yui Kawaguchi für Beethovens Sehnsucht nach der großen Liebe. Außerdem bringt sie ein asiatisches Element mit rein, weil das eben auch eine Seite von Beethoven ist: die große Ruhe, Frieden und auch die Zartheit. Das ist der Gegenpol zu seiner finsteren, männlichen Seite. Überhaupt hat jeder der Tänzer etwas in die Produktion eingebracht. Wir haben zwei brasilianische Power Mover mit einem Capoeira-Stück, wir haben Hip-Hop-Tänzer. Insofern, um das noch einmal aufzurgreifen: Es ist nicht für jeden etwas, sondern es ist wirklich eine Mischung und alles verbindet sich.
BR-KLASSIK: Welche Beethoven Klassiker eignen sich besonders gut für Breakdance oder anders gefragt, wer hat die Musikauswahl getroffen?
Christoph Hagel: Ich war natürlich federführend. Die Klaviersonate "Appassionata" spielt eine große Rolle: wegen ihrer Leidenschaftlichkeit, ihrer Wildheit - das Charakterstück für Khaled Chaabi sozusagen. Die "Mondscheinsonate" und die wichtigsten Stellen aus den Symphonien kommen teilweise als Original, teilweise als Beatbearbeitungen vor. Wir haben auch den späten Beethoven und Jazzbearbeitungen verwendet und wir haben am Schluss der Performance eine Bearbeitung der Fünften, die ich besonders liebe.
Das Gespräch führte Sylvia Schreiber für BR-KLASSIK.
31. Mai, 20.00 Uhr - Circus Krone, München
09. Juni, 20.00 Uhr - Circus Krone, München
12. Juni, 20.00 Uhr - Konzert- und Kongresshalle, Bamberg