Am 10. Februar 2018 gastieren die Schauspielerin Irist Berben und der Pianist Martin Stadtfeld im Münchner Prinzregententheater. Ihr neues Programm "Ich bin in Sehnsucht eingehüllt" stellt Gedichten der jüdischen Autoren Selma Meerbaum-Eisinger, Hilde Domin und Paul Celan Musik von Johann Sebastian Bach, Robert Schumann und Franz Schubert zur Seite.
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BR-KLASSIK: Es scheint, als käme Lyrik in unserer Zeit kaum noch vor. Welche Rolle spielen denn Gedichte in ihrem Leben?
Iris Berben: Sie haben recht. Es ist, glaube ich, eine Generationenfrage. Wir haben uns in der Schule natürlich noch sehr stark mit Lyrik beschäftigt. Wir mussten sehr viele Gedichte auswendig lernen. Für mich ist Lyrik insofern ein Stück Kultur und Kunst und hat einen ganz großen Stellenwert. Es gibt Gedichte, die einen wirklich mit auf eine Reise nehmen. Es gibt Gedichte, die einen starken Moment haben, die sich - fast wie eine Schranke - nicht so schnell öffnen. Ich finde es ganz wunderbar, sich mit Sprache zu beschäftigen und sich Themen zu setzen.
Bildquelle: ©MünchenMusik BR-KLASSIK: Sie kombinieren bei Ihrem Abend gemeinsam mit Martin Stadtfeld Gedichte von zwei sehr bekannten Autoren, Hilde Domin und Paul Celan, aber auch von der eher unbekannten Autorin Selma Meerbaum-Eisinger. Wer war diese Frau?
Iris Berben: Selma Meerbaum-Eisinger war eine junge Frau, die Gedichte geschrieben hat in einer schmerzhaften Erkenntnis und manches Mal mit einer Leichtigkeit, die man einem so jungen Mädchen einfach nicht zutraut. Sie hat zwischen ihrem 15. und 18. Lebensjahr geschrieben. Man erschrickt eigentlich, dass sie diese Kraft schon hatte, ihre Gefühle so ausdrucksstark beschreiben zu können. Sie ist in Czernowitz groß geworden, später wurde sie mit ihrem Stiefvater und ihrer Mutter ins Ghetto verschleppt. Im Arbeitslager Michailowka ist sie 18-jährig am Fleckfieber gestorben.
Ich bin begeistert von der Kraft und Intensität der Sprache.
Es ist schon beeindruckend, dass diese Gedichte überhaupt noch gefunden wurden und ein solches Zeugnis eines jungen Lebens wiedergeben. Ich bin vor fast 20 Jahren auf diese Gedichte aufmerksam geworden, habe sie auch eingesprochen und bin nach wie vor so begeistert von der Ausdrucksweise, der Kraft und der Intensität dieser Sprache.
BR-KLASSIK: Nun sind das alles Gedichte aus einer schwarzen Zeit, den 1940er Jahren, von jüdischen Autoren, die jeweils auf ihre Weise Traumatisches erlebt haben. Martin Stadtfeld wird Musik aus einer ganz anderen Zeit spielen: Bach, Schubert und Beethoven. Wie fügen sich die Kompositionen ein in diesen Kontext?
Iris Berben: Ich habe ja mal ein anderes Programm gehabt, in dem wir eben verbrannte Bücher und verfehmte Musik zusammengebracht haben. Martin Stadtfeld hat sich ganz bewusst davon abgesetzt. Er wollte Musik, die es möglich macht, einfach diese Lyrik wirken zu lassen. Die Musik soll einen ganz anderen Raum freigeben und das Gehörte im Kopf nachwirken lassen, es unterstreichen. Sie soll helfen, das Gehörte zu begreifen. Er spielt diesen Spiralkanon von Bach, der dem Interpreten ja auch selber die Möglichkeit eines Endes gibt, wann immer er diese Spirale dieser Musik aufdehnen will. Das hat so etwas Intensives und Berührendes.
Sendung: "Leporello" am 6. Februar 2018, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK
München, Prinzregententheater
Samstag, 10. Februar, 20:00 Uhr
"Ich bin mit Sehnsucht eingehüllt"
Lyrik und Musik
Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger, Hilde Domin und Paul Celan
Musik von Johann Sebastian Bach, Robert Schumann und Franz Schubert
Iris Berben, Rezitation
Martin Stadtfeld, Klavier