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Warum ein Mindesthonorar für Musiker absolut notwendig ist Geiz ist ungeil

Streaming-Dienste zahlen Cent-Beträge, manche Veranstalter immer weniger, die Umsonst-Kultur ist allgegenwärtig. Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit, soll Karl Valentin gesagt haben. Und diese Arbeit sollte uns was wert sein, meint unser Autor.

Straßenmusiker spielen Jazz von Louis Armstrong, Paris, Frankreich, Europa | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Schönheit ist unbezahlbar. Die schönste Musik ist überirdisch, gar himmlisch. Schnöder Mammon kann so etwas nicht aufwiegen. Wie kann man angesichts überweltlich ergreifender Töne, ob sie nun von Mozart oder Mendelssohn, Debussy oder Miles Davis, Beethoven oder John Coltrane stammen, überhaupt von Geld sprechen? Was für ein Banausentum!

Schuften, wenn andere es sich gutgehen lassen

Doch die Banausen sind nicht immer die, die man dafür hält. Musik kann himmlisch sein, aber sie fällt nicht vom Himmel. Sie muss erlernt, einstudiert und gespielt werden. Und das, oft jedenfalls und zumindest in der Live-Situation, von Menschen statt Maschinen. Diese Menschen haben häufig Hochschul-Ausbildungen durchlaufen, sie müssen Miete zahlen, Kinder ernähren – und wenn sie nicht gerade proben oder auftreten, auch etwas essen. Sie haben katastrophale Arbeitszeiten: Sie schuften dann, wenn andere es sich gutgehen lassen – spät abends, an Wochenenden, an Feiertagen.

Aber Musik sei doch Leidenschaft ...

... führen manche da ins Feld, man tue das, was man am liebsten tue, und dann liege einem auch noch ein Publikum zu Füßen. Das sei doch keine Arbeit! Das sei die pure Selbstverwirklichung, die Erfüllung! Aber von Erfüllung, von Leidenschaft allein kann niemand leben. Antonio Vivaldi starb verarmt, als sich der Musikgeschmack seiner Zeit verändert hatte. Der Popsänger Colonel Abrams, in den 1980er- und 90er-Jahren ein Star, starb 2016 als Obdachloser. Der Jazzgitarren-Star Barney Kessel musste Geld von Freunden und Bekannten erbetteln, um sich die Behandlung eines Tumors leisten zu können. Genie zu sein und Lust am Leben als Musiker und Musikerin zu haben, das allein ernährt niemanden und zahlt keine Arztrechnungen.

Die Umsonst-Kultur

Das Leben ist teuer. Extrem teuer in unseren Zeiten. Zugleich wird es immer populärer, Musik umsonst haben zu wollen. Man lädt herunter, man streamt, man hört Musik über YouTube – und gibt allzu gern sehr wenig, am liebsten gar nichts dafür aus. Ein Musiker berichtete unlängst von 17 Dollar Honorar eines Streamingdienstes für einen Song, der eine Million Mal gespielt wurde. Gaststätten suchen Bands, die bei ihnen spielen, und bieten als Honorar ein Essen und eine begrenzte Anzahl Getränke pro Person an. Manche Kirchen zahlen 150 Euro für Probe und Auftritt bei einer Sonntagsmesse: Das klingt schon ganz gut - und reicht für Berufsmusiker und -musikerinnen trotzdem nicht zum Leben. In Pandemie-Zeiten steht manchen Veranstaltenden das Wasser bis zum Hals – was einige darauf bringt, die Honorare immer mehr zu drücken. Und manche Musiker, die sich in diesen Zeiten sehr nach Auftritten sehnen, gehen darauf ein.

Ist das Mindesthonorar eine Lösung?

Ist ein verbindliches Mindesthonorar, wie es die Gewerkschaft Verdi jetzt fordert, da eine Lösung? Unbedingt! Und eine noch stärkere Förderung kleiner Veranstalter und Veranstalterinnen um deren Finanzierungslücken zu schließen. Es geht um Anerkennung. Um ein Bekenntnis dazu, dass diese Gesellschaft Künstler und Künstlerinnen braucht – und sie sich leisten will. Denn Kunst ist Arbeit. Harte Arbeit. Viele Musiker und Musikerinnen müssen zeitlebens an ihrem Instrument so fit sein wie Spitzensportlerinnen. Immer auf den Punkt konzentriert – dann, wenn andere Siesta machen. Ihre Leistung ist groß. Und für ihr Publikum ein Lebenselixier. Das muss der Gesellschaft mehr wert sein. Geiz mögen manche für geil halten, aber er ist unsozial. So unbezahlbar Schönheit ist – diejenigen, die sie schaffen, müssen bezahlt werden. Und zwar anständig.

Sendung: "Allegro" am 12. November ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (3)

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Montag, 15.November, 14:32 Uhr

Eva Gehring

Mindesthonorar

Wir spielen keine Musik. Wir erarbeiten sie.

Sonntag, 14.November, 12:12 Uhr

Jutta Kennedy

Artikel fuer Betufsmusiker

I ch stimne zu Musiker muess3n gut vetdiehnen.Instrument sind teuer ,Studium und Ausbildung ist teuer und Musiker haben Familien.

Samstag, 13.November, 09:35 Uhr

Berndt Kline

öffentliche Theater - Gagen

Wissen muß man diesbezüglich, dass gerade die öffentlichen Theater, bis auf wenige Ausnahmen einen unrühmlichen Kurs seit nunmehr zwanzig Jahren fahren, die Gagen eben nicht, oder nur marginal, mitgestiegen sind. Das hat zur Folge, dass diese sich nunmehr 30 bis 50 % unter Wert bewegen, und das bei subventionierten Häusern!

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