Immer wieder passiert es. Erst Anfang des Jahres hat es ein historisches Instrument erwischt. Eine Viola da Gamba aus dem 17. Jahrhundert hat den Transport im Flugzeug nicht überstanden. Das von der Besitzerin mühevoll restaurierte Instrument wurde dabei völlig zerstört - eine Horrorvorstellung für jeden Musiker. Aber muss das sein?
Die schlechte Nachricht zuerst: Bisher gibt es keine einheitlichen Regelungen für den Transport von Musikinstrumenten in Flugzeugen. Während etwa in den USA eine klare gesetzliche Vorgabe existiert, steht eine Entscheidung auf europäischer Ebene noch aus. Denn dort "wird eine einheitliche Regelung zur Verpflichtung europäischer Fluggesellschaften zur Mitnahme von Musikinstrumenten im Flugzeug als Handgepäck gegenwärtig durch den europäischen Rat blockiert, nachdem das EU-Parlament bereits einer entsprechenden Regelung zugestimmt hatte", so Gerald Mertens von der Deutschen Orchestervereinigung.
Bereits 2014 hatte das Europäische Parlament mit überwältigender Mehrheit einer kostenlosen Mitnahme von Musikinstrumenten im Flugzeug-Handgepäck zugestimmt. Die Konferenz der Regierungschefs wolle aber alles so belassen wie bisher und dazu den Parlamentsbeschluss wieder abändern. Die Verordnung zur kostenlosen Mitnahme von Musikinstrumenten im Handgepäck könne aber nur in Kraft treten, wenn der Europäische Rat dem ursprünglichen Parlamentsbeschluss unverändert zustimme, so Mertens. Das ist bisher noch nicht geschehen, weshalb nach wie vor die Fluggesellschaften eigenständig über die Transportbedingungen von Musikinstrumenten entscheiden können.
Und das offenbar auch durchaus kurzfristig, wie etwa am Beispiel des Kronos Quartet erst vor wenigen Tagen bekannt wurde. Das renommierte Ensemble war, wie schon so oft, mit British Airways geflogen. Während es bisher nie ein Problem war, die Instrumente direkt mit ins Flugzeug zu nehmen und dort im Handgepäckfach oder auf einem Extrasitz zu verstauen, wurde den Musikern genau das durch das Flughafenpersonal untersagt - entgegen der Ausführungen auf der Homepage von British Airways. Das Ensemble kündigte nach dem Vorfall auf twitter an, die Fluglinie in Zukunft zu meiden.
Das Thema der Mitnahme von Musikinstrumenten als Handgepäck im Flugzeug ist bei uns seit einigen Jahren ein Dauerbrenner.
Anders dagegen in den USA: Die seit 2015 geltende Regelung durch die Amerikanische Luftfahrtbehörde (FAA) zwingt in den USA ansässige Unternehmen, zumindest jedes Musikinstrument, das in einem Gepäckfach oder unter dem Sitz vor dem Fluggast untergebracht werden kann, als Handgepäck zuzulassen. Davon profitieren vor allem Besitzer von Instrumenten wie etwa Geigen, Bratschen oder auch Gitarren.
"Derartiges würden wir uns auch für die Europäische Union wünschen", so Mertens. Solange das aber nicht der Fall sei, bleibe leider nichts anderes übrig, als mit den einzelnen Fluggesellschaften entsprechende Abstimmungen zu treffen. "In Deutschland war uns das zuletzt mit Air Berlin gelungen, die aber leider in Insolvenz gegangen ist." Momentan würden Verhandlungen mit der Lufthansa Group laufen, um in absehbarer Zeit eine musikerfreundliche Regelung zu erreichen.
Der internationale Verband FIM (Internationale Musikerföderation) hat auf Anregung der Deutschen Orchestervereinigung eine Online-Plattform eingerichtet, auf der nach dem Ampelprinzip gute und schlechte Airlines entsprechend ihrer veröffentlichten Beförderungsbedingungen gelistet sind. Dort kann man sich zumindest einen schnellen optischen Eindruck davon verschaffen, bei welchen Airlines es angebracht ist, genauer nachzuhaken.
Zudem zeichnete die Internationale Musikerföderation 2017 erstmalig eine Fluggesellschaft aus, die Musikern einen guten Service für den Transport ihrer wertvollen Instrumente bietet. Der "FIM Airline of Choice Award 2017" wurde im vergangenen Jahr an Air Canada verliehen. Die Fluglinie biete seit 2015 besondere Bedingungen für Musiker, wie etwa bevorzugtes Boarding, ein 50-Prozent-Discount für Instrumente, die die Größe von Handgepäck überschreiten und einen Extrasitz benötigen, so die Begründung der Jury.
In Zeiten von Artenschutzabkommen gelten auch beim Instrumententransport neue Regelungen. Sollten am Instrument Materialien verbaut sein, die unter Artenschutz fallen, so muss bei Reisen in ein Land außerhalb der EU mittlerweile eine Musikinstrumentenbescheinigung mit sich geführt werden. Ein entsprechendes Formular ist beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) erhältlich. Erstanträge sollten mindestens drei Monate vor Reiseantritt aufgrund erforderlicher Prüfungen bei der Behörde eingereicht werden.
Und wer haftet, wenn etwas kaputt geht? Laut dem "Montrealer Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr" aus dem Jahr 1999 müssen Schäden am bereits aufgegebenem Instrument, die durch unsachgemäße Behandlung durch das Luftfahrtunternehmen entstanden sind, bis zu einer gewissen Haftungshöchstgrenze beglichen werden. Kann der Passagier nachweisen, dass das Instrument durch Vorsatz oder Leichtfertigkeit des Personals beschädigt wurde, entfällt diese Haftungsgrenze. Dann muss die Airline für den ganzen Schaden aufkommen. Detailliertere Informationen hierzu sind in Artikel 17, Absatz 2 des Montrealer Übereinkommens zu finden.
In Deutschland und Österreich ist das Montrealer Übereinkommen seit 2004 in Kraft, in der Schweiz seit 2005. Nicht alle Staaten sind auch Vertragsstaaten des Übereinkommens, der aktuelle Stand kann bei der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) erfragt werden.
Bereits 2009 schilderte der kanadische Musiker David Carroll in seinem Song "United Breaks Guitars" seine Erfahrungen während einer Flugreise mit United Airlines. Dabei musste er selbst mit ansehen, wie das Flughafenpersonal seine Gitarre beim Transport zerstörte.