Zohra - so heißt das erste Frauenorchester Afghanistans, das am Freitag beim Weltwirtschaftsforum in Davos auftritt. In ihrer Heimat erfahren die Musikerinnen aber Ablehnung: von den Taliban und auch von den eigenen Familien.
Bildquelle: picture alliance / Mohammad Jawad
Die 35 Musikerinnen von Zohra sind zwischen 13 und 20 Jahre alt. Die meisten kommen aus armen Familien oder sind Waisenkinder. An Afghanistans einziger Musikakademie in Kabul studieren sie traditionelle afghanische, aber auch klassische westliche Musik. Negin, die 19-jährige Leiterin des Orchesters, lernt dort seit drei Jahren das Dirigieren - sie ist die erste afghanische Dirigentin.
Wenn ich die Mädchen dirigiere, könnte ich jedes Mal weinen. Dirigieren ist ein Privileg in Kabul.
Negin Khapalwak, die Dirigentin von "Zohra", dem ersten afghanischen Frauenorchester. | Bildquelle: picture alliance / Mohammad Jawad In Afghanistan sind Negin und ihre Orchestermusikerinnen allerdings vielfach mit Ablehnung konfrontiert - durch die Taliban, aber auch durch ihre eigenen Familien. Negin kommt aus der Provinz Kunar im Osten Afghanistans, die zum Teil von Islamisten kontrolliert wird. Für die Extremisten begehen die musizierenden Mädchen eine Todsünde. "Wenn du weiter Musik machst oder dirigierst, töten wir dich" - solche Drohungen habe sie von den Taliban erhalten, so Negin. In ihrer Familie waren Mutter und Onkel gegen ein Musikstudium, der Vater aber hat sie unterstützt.
Ich wollte unserer Gesellschaft beweisen, dass Mädchen alles tun können.
Am Freitag tritt Zohra zum ersten Mal im Ausland auf - mit einem Konzert beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Ein positives Zeichen aus Afghanistan - für die Führungselite aus Wirtschaft und Politik? Immerhin hört man von dem Land meistens im Zusammenhang mit tödlichen Anschlägen, die dort zum Alltag gehören. Politische Stabilität und Sicherheit - Fehlanzeige, wohl für viele Jahre noch. Andererseits gilt Afghanistan für die deutschen Behörden mittlerweile wieder als Land, in das Geflohene durchaus zurückgeschickt werden können.
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Das Motto des Mädchenorchesters ist eindeutig: Sie wollen die Taliban mit Musik bekämpfen. Der Ideologie der Unterdrückung etwas entgegensetzen, zeigen, dass Mädchen zu mehr in der Lage sind, als Männer ihnen zugestehen wollen. Ihre Waffen sind Celli, Trompeten und Pauken. Und im Falle von Negin der Taktstock. Ihr Traum ist es, einmal das afghanische Nationalorchester zu dirigieren.
Jetzt geht es aber erst einmal nach Europa. Nach ihrem Auftritt in Davos werden die Musikerinnen in Zürich, Weimar und in Berlin spielen. Auf dem Programm stehen traditionelle Klänge aus Afghanistan, auf den Pulten liegen aber auch Noten von Beethoven.
An der einzigen professionellen Musikakademie des Landes studieren 170 junge Instrumentalistinnen und Instrumentalisten afghanische, aber auch klassische westliche Musik. Finanziert wird das Institut in Kabul von ausländischen Unterstützern. Unter den Studenten sind viele Mädchen. Beim Weltwirtschaftsforum gibt man sich stolz: "Sie sind die ersten Frauen in ihren Familien, in ihrem Land, die seit mehr als 30 Jahren Musikerinnen werden" heißt es auf den Internetseiten des Weltwirtschaftsforums.
Kommentare (5)
Sonntag, 22.Januar, 10:10 Uhr
Rolf Klauser
Mutigen Menschen
Mutigen Menschen gehört die Welt, ich würde mehr davon wünschen.
Freitag, 20.Januar, 13:11 Uhr
Widerspruch
Die Reichen und Armutsfernen schwelgen in Davos im
Luxus beim WWF, und quasi als Alibi dürfen das Afghanische Frauenorchester diesen Herrschaften vormusizieren...Eine Groteske der heutigen Zeit der Globalisierung, wo Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden...Religion ist i.d.R.nur vorgeschoben, es ist letztlich alles ein Problem der ungerechten Verteilung der Güter auf dieser Erde...
Donnerstag, 19.Januar, 23:28 Uhr
Gisela Mattes
Sohra
Welch eine wunderbare Generation hat Afghanistan! Mädchen, die trotz Drohungen musizieren, junge Männer, die sich nicht vor 5 000 km fürchten! Wann öffnen die Talibane/ die ältere Generation ihre Augen?
Donnerstag, 19.Januar, 11:32 Uhr
Josef
Zohra
Müssen Sie denn schreiben:
Sie wollen die Taliban mit Musik VEKÄMPFEN.
und
Ihre WAFFEN sind Celli usw
???
Sie (sie schreibende)müssen ja nicht zurück nach Afganistan.
Wollen die Frauen nicht einfach nur Musik machen!
Donnerstag, 19.Januar, 07:49 Uhr
Arman
Musik gehörte einst zu Religion, auch im Islam
Al Farabi, geboren entweder in Farab in Kazachistan oder Faryab im heutigen Afghanistan - war ein persischer Universialgenie, latinisiert Alpharabius, schrieb seine Musiklehre ca. im 9. Jahrhundert n. Christus und ist der Erfinder von Shahrud.
https://de.wikipedia.org/wiki/Al-F%C4%81r%C4%81b%C4%AB
Rud ist ein persisches ein Tar-Instrument d.h. Saiteninstrument und Shahrud (König-Rud bedeutet hier King Size, und Schah ist durch und durch ein persisches Wort. Persisch (seit 1964 aus nationalistischen Erwägungen in Dari) umbenannt, ist die Sprache der Mehrheit des Landes . Auch Avecinna und Jalaluddin Mohammad Balchi, auch Rumi genannt, hat die Musikinstrumente in seinen Werken rehabililiert. Viele islamische Gelehrte in Zentralasien waren Persischsprecher und Moslems.
Deswegen sind die Taliban und Wahabismus (Saudi Arabien) gegen diese islamischen Gelehrten aus jener Blütezeit.