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Benjamin Brittens "Albert Herring" Robert Alföldi enttäuscht mit belangloser Regie

Er arbeitet im Gemüseladen seiner Mutter und gilt als Mustervorbild an Anstand. Doch als er deshalb zum Maikönig ernannt wird, entdeckt Albert Herring plötzlich Gefallen am sittenlosen Leben. Das Opernstudio der Bayerischen Staatsoper brachte Benjamin Brittens Komische Oper jetzt auf die Bühne - inszeniert von Robert Alföldi, der das Potenzial der Geschichte jedoch nicht ausschöpfte.

Szenenbild aus "Albert Herring" von Benjamin Britten an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: © Wilfried Hösl

Bildquelle: © Wilfried Hösl

Es ist düster in Loxford. Die ohnehin kleine Bühne des Cuvilliéstheaters wird im Bühnenbild von Ildikó Tihanyi mit einer engen Ladenzeile und schwarzen Rolläden noch enger. Deniz Uzun mit schön timbrierten Mezzo als Florence Pike hat nicht viel zu lachen. Es sieht sogar wie ein Selbstmordversuch aus, wenn die Bedienstete der Lady Billows zu Beginn des Stückes einen Schritt in den Orchestergraben tun will. Die Rampe hat einen magischen Sog auf alle an diesem Abend. Egal ob Polizist, Pfarrer, Bürgermeister oder Lehrerin - ganz oben in der Mitte steht jedenfalls immer die weiße Lady. Miranda Keys verkörpert Lady Billows mit mächtiger Statur und alles übertönendem, strahlend-dramatischem Sopran. Wenn sie erscheint, werden alle anderen klein. Und das ist nicht gut für ein junges Ensemble, das vom Regisseur nicht mehr als die Bedienung ihrer Stereotypen als Rollenprofile angelegt bekommt.

Regie verschenkt Potenzial

Róbert Alföldi erzählt die Gesellschaftssatire "Albert Herring" als amüsante, aber auch belanglose Geschichte. Aktuelle Bezüge, dem Publikum einen Spiegel vorhalten? Fehlanzeige. Alföldi lässt die Figuren revueartig chargieren und stellt sie immer wieder fein säuberlich an der Rampe auf, wo dann im Rhythmus mitgetänzelt werden darf. Und das den ganzen Abend lang! Keine dieser Figuren ist echt, alle bleiben auf Distanz. Was für ein verschenktes Potenzial der bühnenhungrigen und spielfreudigen jungen Sänger.

Herrliche Stimmen haben sie, aber einen ganzen Opernabend wie ein Intendantenvorsingen immer frontal zum Publikum auszurichten, ist doch weit unter ihren Möglichkeiten. Da nutzen auch die roten Äpfel als Sündenfall-Spielbälle nichts. Das sinnliche Liebespaar Nancy und Sid, schön gesungen von Marzia Marzo und John Carpenter, kommt sich nur brav in Bühnenmitte stehend näher, ohne erotisches Knistern, ohne Spaß! Den hat immerhin der großartig spielende und mit hellem Tenor optimal besetzte Petr Nekoranec als Albert. Er vollzieht seine Metamorphose zum selbstbestimmten Menschen, in dem er wörtlich die Hosen herunterlässt, ebenfalls immer schön mittig und nah an der Rampe.

Musik voller Biss und Witz

Oksana Lyniv mit dem zwölfköpfigen Orchester lässt dagegen die Bissigkeit und den Witz in Brittens Komposition an vielen Stellen hörbar werden und hat die komplexe Struktur der sich verwebenden Stimmen immer sicher und gefühlvoll in der Hand. Musikalisch ist dieser "Albert Herring" in seiner Vielschichtigkeit wirklich gut gelungen. Schade, dass die eindimensionale Szene da nicht mithalten kann.

Link-Tipp

Alle Aufführungstermine sowie weitere Informationen zu Benjamin Brittens Komischer Oper "Albert Herring" finden Sie auf der Website der Bayerischen Staatsoper.

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