Es ist ein Symbol der alpinen Kultur: das Alphorn. Mit seinen vollen, getragenen Tönen passt es perfekt zur rauen Berglandschaft. Inzwischen hat es das einfache Hirteninstrument aber auch auf klassische Konzertbühnen geschafft.
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Der Ursprung des Alphorns liegt im Dunklen. Vermutlich waren es Hirten, die erstmals auf den Hörnern ihrer verstorbenen Rinder Musik machten – zur Kommunikation mit anderen Hirten, zum Anlocken der über die Bergwiesen verstreuten Tiere oder einfach zum eigenen Vergnügen. Irgendwann begannen sie, Hörner auch aus Holz zu bauen. Eindeutig nachweisen lässt sich das Instrument seit dem 16. Jahrhundert: Die erste schriftliche Erwähnung des Alphorns in der Schweiz geht auf das Jahr 1527 zurück. Gut 100 Jahre später sammelten sich im Schweizer Bauernkrieg die aufständischen "Entlebucher" zum Klang des Alphorns, und auch die Kirche hat es für sich vereinnahmt: In Lavant in Osttirol ersetzte das Horn die Glocken und rief zum Gottesdienst.
Es war eines nachts auf der Balisalp, im Schweizer Haslital, hoch über dem Brienzer See, als einem jungen Senner ein Riese erschien. Drei Getränke hatte er im Angebot: Ein rotes, das Kraft gibt, ein grünes, das reich macht, und ein weißes, das dem jungen Senner ein Horn versprach. Er entschied sich für das letzte. Das Getränk schmeckte "wie köstliche Milch". Als der Senner es ausgetrunken hatte, war der Riese verschwunden, zurück blieb das Alphorn.
Im 17. Jahrhundert wurde das Alphorn durch verarmte musizierende Hirten als Bettelhorn in Verruf gebracht und geriet dann in Vergessenheit. Erst mit dem Aufkommen der Romantik im 19. Jahrhundert, als die Alpen zur schönen Landschaft schlechthin hochstilisiert werden, erlebt auch das Alphorn sein Comeback. Und wird zum Nationalsymbol der Schweiz: Der EJC, der eidgenössische Jodlerclub mit seinen Tausenden von Mitgliedern, nimmt das Alphorn unter seine organisatorischen Fittiche, bietet Kurse an und schafft es, das Instrument innerhalb kürzester Zeit bekannt und beliebt zu machen.
Ein handgeschreinertes Alphorn entsteht. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Alphörner sind einfache analoge Instrumente. Eine professionelle Ausbildung zum Alphornbauer gibt es nicht. Deswegen sind es oft Holz-Handwerker, die auch Alphornbau betreiben. So auch Martin Wagner aus Oberstaufen im Allgäu. Er baut heute die Alphörner, deren Aufbau sein Vater Josef Wagner sich vor Jahrzehnten bei den Schweizern abgeschaut hat. Der gelernte Forstwirt fertigt inzwischen bis zu 30 Alphörner im Jahr., prro Woche schafft er ein Exemplar. Das Holz dafür schlägt er in seinem eigenen Wald. "Alte Bestände, also wo Weißtanne, Ahorn, Buche, Fichte gemischt stehen, haben qualitativ viel besseres Holz", erklärt Martin Wagner. Aber auch im Mischwald passt nicht jeder Stamm: Oberhalb von 800 Metern Höhe muss der Baum gewachsen sein, der sich für ein Alphorn eignet. Denn nur am Berg wächst ein Baum so langsam, dass die Jahresringe eng beieinander liegen und das Holz fest genug ist.
Zehn Jahre lagert das Holz aus Mischwäldern dann noch im Schnitt ab, bevor Martin Wagner es verarbeitet. Mit Drehbänken, Sägen und Hobeln wird daraus Schritt für Schritt ein Alphorn. Den Horntrichter hat Martin Wagner früher noch aus einem krumm gewachsenen Stamm herausgearbeitet – sogenannte Krümmlinge. Inzwischen wird auch der Trichter aus Balken zum Teil maschinell vorgefertigt, der Rest ist und bleibt Handarbeit.
Aus acht Einzelteilen besteht ein Alphorn am Ende. Bis zu vier Meter kann es damit lang werden. Erst am Ende wird das Horn dann etwas gekürzt, denn die Länge bestimmt auch die Tonhöhe. Je länger desto tiefer, je kürzer desto höher wird das Instrument. Rund 2.000 Euro kostet ein Alphorn bei Martin Wagner. Und die Nachfrage ist groß: Wer sich dafür interessiert, muss aktuell mit ca. sechs Monaten Wartezeit rechnen.
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