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Tubist Andreas Martin Hofmeir "Meine Fanny ist immer für Überraschungen gut"

Er rockte die Bühnen mit LaBrassBanda, moderiert eine eigene Kleinkunst-Show, ist mit seiner Tuba gern gesehen Gast bei den großen Orchestern und mit seinen 37 Jahren auch schon Tuba-Professor am Mozarteum Salzburg. Andreas Martin Hofmeir ist leidenschaftlicher Botschafter seines Instruments, und um das herauszufinden, muss man nicht lange mit ihm sprechen. Denn schon bald geht es um die weiblichen Rundungen seiner "Fanny" und um gemeinsame Kneipenabende ...

Bildquelle: copyright Philippe Gerlach

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BR-KLASSIK: Andreas Martin Hofmeir, Sie sind nicht alleine gekommen - Sie sind mit Fanny hier. Fanny heißt ihre Tuba. Ist Ihre Tuba unbeschreiblich weiblich?

Andreas Martin Hofmeir: Ja - eine Tuba ist traditionell immer weiblich. Dafür habe ich zwei Erklärungen. Die eine ist, dass es zumindest bis vor kurzem ausschließlich männliche Spieler gab - da liegt es natürlich nahe, dass die Tuba dann quasi eine weibliche Bezugsperson zum Spieler darstellt. Andrerseits hat die Tuba Rundungen, die natürlich den Vergleich zur Weiblichkeit direkt aufsprießen lassen.

BR-KLASSIK: Sie sind Musiker, Autor und Kabarettist. Was interessiert Sie denn an Fanny - Ihrem Instrument - besonders?

Andreas Martin Hofmeir: Die Fanny ist immer für Überraschungen gut - vor allem, wenn sie abends nach einem Kneipenbesuch vergisst, mit nach Hause zu gehen, und dann wache ich auf in der Frühe, im Hotel, und sie ist nicht da. Dann muss ich am Vormittag versuchen, sie aus der Kneipe herauszuholen - und es ist sehr schwierig, Kneipen an Vormittagen geöffnet zu bekommen. Da lässt sie mich dann öfter mal im Stich, wenn sie nicht mit nach Hause kommt.

Ein Cello ist einfach überhaupt nicht so gut geeignet für ein Solokonzert wie eine Tuba.
Andreas Martin Hofmeir

BR-KLASSIK: Wo hört der Spaß mit der Tuba auf?

Andreas Martin Hofmeir Tuba | Bildquelle: Hans Grünthaler Andreas Martin Hofmeir | Bildquelle: Hans Grünthaler Andreas Martin Hofmeir: Was wirklich ärgerlich ist, wenn man sich darüber ärgern möchte, ist die Tatsache, dass die Tuba solistisch so ein Schattendasein führt. Ist einerseits verständlich - das Instrument ist ja noch relativ jung - andererseits aber ungerecht. Das Cello zum Beispiel ist ein etabliertes Soloinstrument; jedes Orchester hat Cellokonzerte im Repertoire. Aber ein Cello ist überhaupt nicht so gut geeignet für ein Solokonzert wie eine Tuba. Denn wenn ein Cello als Soloinstrument vorne steht, und das Orchester gibt ein bisschen Gas, dann hört man von dem Cello überhaupt nichts. Das würde man einem Cello aber nie zum Vorwurf machen; man sagt Sachen wie "großartig, dieses Dvorák-Konzert" und so weiter. Beim Tubakonzert aber sagen die Leute: "Ah, diese eine Stelle, an der die Tuba so in die Tiefe geht, da klingt es ein bisschen undeutlich." Das ist einfach nicht gerecht. Wenn man wirklich ehrlich und objektiv ist, dann ist die Tuba einfach zehnmal besser für ein Solokonzert mit Orchester geeignet als ein Cello. Da ist das Vorurteil stärker, als die Ratio es sehen müsste.

Ich achte darauf, dass Auftragswerke nicht zu avantgardistisch werden, weil wir Tubisten etwas aufzuholen haben.
Andreas Martin Hofmeir

BR-KLASSIK: Und was tun Sie dafür, dass sich das ändert? Sie haben die Tuba aus der letzten Reihe nach vorne geholt und sind wahrscheinlich der erste Tubist, den man überhaupt mit Namen kennt. Aber was können Sie tun, damit es auch neue Stücke für Ihr Instrument gibt?

Andreas Martin Hofmeir: Wir müssen natürlich Kompositionsaufträge vergeben und schauen, dass wir Kompositionen haben, sie sich in der Publikumswirksamkeit messen können. Pianisten und Geiger haben ihren Tschaikowsky oder ihren Mozart; das haben wir Tubaspieler im Original nicht. Die Tuba wurde als Soloinstrument erst in den Fünfzigerjahren entdeckt, und seitdem bemühen wir uns, Komponisten zu finden, die auch im romantischen Stil schreiben können. Ich selbst habe einige Stücke bei Jörg Duda in Auftrag gegeben, die sehr publikumsaffin und auch erfolgreich sind. Jetzt habe ich ein neues Stück bei Fazil Say in Auftrag gegeben, dass ich mit den Münchner Philharmonikern spielen werde - wobei ich darauf achte, dass es nicht zu avantgardistisch wird, weil wir etwas aufzuholen haben.

BR-KLASSIK: Sie erwähnen die Münchner Philharmoniker, bei denen Sie in der Akademie waren und dort gelernt haben. Ich frage mich: Haben Sie nie überlegt, im Orchester zu bleiben? Hätte Sie sich mit einem Leben als Tubist im Orchester anfreunden können - ein paar Töne hier, ein paar Töne dort?

Andreas Martin Hofmeir | Bildquelle: Hans Grünthaler Andreas Martin Hofmeir | Bildquelle: Hans Grünthaler Andreas Martin Hofmeir: Das Orchester hat natürlich schon seinen Reiz, weil es so eine Art Klassengemeinschaft ist; man hat so einen geschützten Raum, in dem man viel Unfug machen kann. In den Orchestern, in denen ich gespielt habe, war ich bekannt für meine Späße - zum Beispiel, dem Paukisten vor seinem Solo eine Zehn-Cent-Münze aufs Paukenfell zu legen. Oder dem Bassposaunisten, wenn er eingeschlafen ist, ein Tubamundstück auf sein Instrument zu schrauben, und wenn er dann aufwacht und spielen will, dann funktioniert's nicht. Oder: gelbe Socken zum Frack tragen, fünf Minuten zu spät kommen und die Ouvertüre verpassen - also alles, was da so möglich ist. Das hat mir schon sehr viel Freude bereitet. Vielleicht denke ich in zwanzig Jahren, dass es eigentlich entspannt gewesen wäre, dort zu bleiben. Aber wenn sich mal diese Chance bietet, eine Solokarriere auf dem Instrument zu machen, dann bleibt man auch nicht mehr ruhig im Orchester sitzen.

Kein Musikstück der Welt ist so heilig, dass man keinen Witz darüber machen darf.
Andreas Martin Hofmeir

BR-KLASSIK: Sie sind ja auch als Kabarettist unterwegs. Nun ist ja die Klassik nicht unbedingt die Musikszene, die vor lauter Humor und Lockerheit nur so strotzt. Stoßen Sie da an Grenzen? Erinnern Sie sich an Situationen, an denen Sie gespürt haben: Hier ist Humor nicht möglich?

Andreas Martin Hofmeir: Ja, das kommt schon immer wieder mal vor. Eigentlich ist es erstaunlich, dass die Klassik diesen Ruf hat, denn viele Komponisten waren ja sehr humorvoll, und auch viele Dirigenten übrigens. Ich glaube, es liegt daran, dass der Druck in der Klassikszene wirklich enorm ist. Es gibt ja kaum eine Berufssparte, in der der permanente Wettbewerb tatsächlich so krass ist - höchstens vielleicht noch im Sport. Und wo der Druck so hoch ist, geht der Humor schnell mal flöten. Bei einem Champions-League-Spiel ist der Humor auf dem Fußballfeld auch eher selten, da wird mehr geschimpft als gescherzt. Neulich habe ich in einer "Fledermaus"-Aufführung den Conférencier gegeben und die Rolle des "Frosch" gespielt. Da habe ich gemerkt, wie sich das Publikum einfach komplett teilt: die einen, die komplett begeistert sind, weil sie das einfach lustig finden und manche Leute, für die die "Fledermaus" so heilig ist, dass sie sich Witze verbieten. Und wegen dieser zweiten Gruppe mache ich das eigentlich noch lieber, denn kein Musikstück der Welt ist so heilig, dass man keinen Witz darüber machen darf.

Die Fragen stellte Uta Sailer für BR-KLASSIK.

Andreas Martin Hofmeir live beim U21 Sommerfest

U21 feiert in diesem Jahr auf der Sattelberg-Alm in Tirol - wir übertragen das Fest mit zahlreichen musikalischen Gästen am Montag, 31. Juli ab 21:05 Uhr.

(Sendung: Leporello, 28. Juli 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK)

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