Beethovens Neunte bei Klassik am Odeonsplatz in München: Sopranistin Annette Dasch wagt sich in diesem Sommer wieder auf eine große Open-Air-Bühne - sie freut sich auf die Atmosphäre, auf Dirigent Daniel Harding und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Kurz vor ihrem Auftritt in München wird Anette Dasch auch die Audi Sommerkonzerte mit einem Konzert mit Mozart-Arien eröffnen. Im Interview mit BR-KLASSIK verrät die Sopranistin unter anderem, warum sie nicht nur Gutes mit Open-Air-Konzerten verbindet.
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Aktuelles Interview
Die Sopranistin Annette Dasch
BR-KLASSIK: Sie eröffnen am 1. Juli die Audi Sommerkonzerte mit Arien von Mozart. Ist das auch ein bisschen eine Reise zurück an den Anfang Ihrer Karriere, nachdem Sie viel Wagner gesungen haben in den letzten Jahren?
Annette Dasch: Das stimmt, ja. Die ersten drei, vier Jahre meiner Karriere war Fiordiligi (aus Così fan tutte, Anm. der Redaktion) die Rolle, die ich mit Abstand am häufigsten gesungen habe. Und jetzt habe ich sie seit zehn Jahren nicht mehr gesungen. Und diese Arie jetzt wieder zu singen - das ist spannend.
BR-KLASSIK: Muss man dann auch die Stimme neu einstellen?
Annette Dasch: Das Interressante ist, dass das eigentlich immer von alleine geschieht. Sobald ich einen Klavierauszug aufschlage und das ist eine Bach-Kantate - dann passiert das von alleine.
BR-KLASSIK: Gute zwei Wochen nach dem Konzert in Ingolstadt kommt am 17. Juli Klassik am Odeonsplatz in München mit der Neunten von Beethoven auf Sie zu. Für Sie auch eine Premiere, weil Sie noch gar nicht soviel Open Air-Erfahrung haben?
Annette Dasch: Ich habe mal zwei Sommer hintereinander in Rheinsberg - das ist nördlich von Berlin - verbracht und habe dort Figaros Hochzeit und ein Orpheus-Pasticcio gesungen. Das war in den Jahren 2000 und 2001. Und das war so aufreibend mit den Mücken, die man ständig einatmete und die in den Scheinwerfern wie Motten verbrutzelten, und es roch die ganze Zeit nach verbranntem Tier. Danach habe ich mir gedacht: Eigentlich braucht man das nicht. Die Aufregung ist eh schon groß genug, wenn man auf die Bühne geht. Und wenn man dann noch die ganze Zeit damit rechnet: Wenn jetzt ein Tropfen Regen auf eine Geige fällt, und dann mittendrin unterbrochen wird... Das ist einfach kein schönes Gefühl. Deswegen habe ich mir eigentlich geschworen, so etwas nie wieder zu tun - und bin jetzt erst schwach geworden. Weil ich einfach total Lust hatte, etwas mit Daniel Harding zu machen und natürlich mit diesem Orchester.
BR-KLASSIK: Sie haben ja auch Chorerfahrung im Kinder- und Jugendbereich in Berlin gesammelt. Haben Sie da auch schon Beethovens Neunte gesungen?
Annette Dasch: Nicht in Berlin. Aber als ich in Graz studiert habe, gab es eine Aufführung, für die Verstärkung für den Chor gesucht wurde. Und da habe ich mir - ich weiß nicht - 500 Schilling verdient, indem ich den Sopran mitsang. Und das war auch gut, weil ich das Stück auf die Weise schon kennengelernt hatte - denn: Meine erste Neunte, die ich Solo gesungen habe, das war als Einspringer. Und zwar hat mich damals Marc Piollet ans Staatstheater Kassel geholt zum Jahreswechsel 1999/2000. Ich war noch Studentin. Das war mein erstes Erlebnis mit einem Berufsorchester.
BR-KLASSIK: Und die Partie hatten Sie schon im Ohr?
Annette Dasch: Die Partie hatte ich durch Graz im Ohr. Und habe es dann nur noch abgerufen.
Vorher hatte ich gedacht: Oh Gott mein Bauch und mein riesiger milchvoller Busen!
BR-KLASSIK: Sie sind seit einigen Jahren auch Mutter. Sie haben gesagt, nach der Geburt ihres ersten Kindes haben Sie sich neu in den Beruf verliebt. Wie würden Sie diese Gefühle beschreiben?
Zu Gast bei Klassik am Odeonsplatz 2016: Sopranistin Anette Dasch | Bildquelle: picture-alliance / dpa Annette Dasch: Ich vermute, dass das damit zusammenhängt, dass ich vorher schon ziemlich lange in der Mühle war und auch zuviel gearbeitet habe. Dann diese Pause: Ich habe eh nur sechs Wochen pausiert nach der Geburt meiner Tochter. Und ich werde nie vergessen, wie das war. Ich musste nach Wien, habe dort angefangen zu probieren. Mit dem Kind das erste Mal aus Frankfurt raus, im ICE zu sitzen - ich hatte ein bisschen Angst, es kommen so viele Leute mit so vielen Bakterien vorbei. Und dann war Tag eins der Proben. Vorher hatte ich gedacht: Oh Gott mein Bauch und mein riesiger milchvoller Busen! Und als die Probe anfing, bin ich zurückgeschlüpft in die Sängerin Annette. Und habe diese Rolle aber ganz anders ausgefüllt, weil ich so Lust hatte daran. Ich habe beides, mein Privat- und mein Berufsleben, viel bewusster genossen.
BR-KLASSIK: In Deutschland kennen Sie die Fans nicht nur als weltweit gefeierte Sängerin, sondern auch als Moderatorin aus dem Fernsehen von "Annettes Dasch Salon". Geht es da weiter?
Annette Dasch: Mit Fernsehen habe ich eigentlich aufgehört, als meine Tochter geboren wurde. Und das fiel damit zusammen, dass ich nach Frankfurt gezogen bin, weil mein Mann fest an der Frankfurter Oper war. Damit war das Kapitel erstmal beendet. Und dann hat ein guter Freund von mir, Stephan Pauly, der Intendant der Alten Oper in Frankfurt, gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, das in Frankfurt zu machen. Er hat einen sehr schönen Saal, den Mozart-Saal, der 800 Leute fasst und trotzdem eine sehr intime Atmosphäre hat. Und da machen wir das zweimal pro Saison, im Herbst und Frühling. Das Frankfurter Publikum macht sehr gut mit. In Frankfurt kann man sagen: Wir singen jetzt mal einen Bach-Choral und spontan kommen alle auf die Bühne, die vom Blatt singen können. Man kann baden in Repertoire und Aktion. Das ist schön!
Das Interview für BR-KLASSIK führte Maximilian Maier.
1. Juli 2016, Annette Dasch singt Mozart zur Eröffnung der Audi Sommerkonzerte, Festsaal, Stadttheater Ingolstadt, 19.30 Uhr
17. Juli 2016, Ludwig van Beethoven, Symphonie Nr. 9 d-Moll, Op. 125, Open Air - Klassik am Odeonsplatz, 20.00 Uhr