Nachdem er 2020 ausfallen musste, setzen die Organisatoren alles daran, dass der ARD-Musikwettbewerb in diesem Jahr wieder stattfinden kann. Der erste Durchgang fand erstmals als Online-Runde statt: Die Kandidatinnen und Kandidaten in den Fächern Gesang, Klavierduo, Horn und Geige waren aufgefordert, ihren musikalischen Beitrag bis zum 25. Juni als Videoaufnahme einzureichen. Ein Vorgehen, das die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor ungeahnte Herausforderungen stellte.
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Eine Wettbewerbsrunde aus dem Homeoffice – für den Geiger Lorenz Chen aus München ist das ein komisches Gefühl. Wie die anderen 56 Bewerberinnen und Bewerber im Fach Violine hat er das Repertoire der ersten Runde als Video eingereicht: Bach, Paganini und ein Kammermusikstück von Grażyna Bacewicz.
Lorenz Chen nimmt am ARD-Musikwettbewerb 2021 teil. | Bildquelle: © Tam Lan Truong
Dabei musste Lorenz Chen das gesamte Programm in einem Take absolvieren, Publikum gab es dabei nicht. "Bei der Aufnahme fühlt man sich sehr nackt", beschreibt Chen dieses Gefühl, ganz allein auf der Bühne zu stehen und in einen leeren Raum zu spielen.
Das Gefühl kennt auch die Sopranistin Katharina Ruckgaber. Sie hat ihr Repertoire auf einer Probebühne aufgenommen – und sich ihr Publikum einfach im Kopf vorgestellt. "Das habe ich während der Corona-Zeit trainiert, es blieb einem ja nichts anderes übrig." Ein weiterer Trick: "Ich habe ein Abendkleid angezogen. Das hat mir geholfen, in die Konzertstimmung zu kommen."
Alle Video-Beiträge der ersten Runde des 70. Internationalen Musikwettbewerbs der ARD können Sie zwischen dem 11. und 18. Juli 2021 auf dieser Seite anschauen. In diesem Jahr wird der Wettbewerb in den Fächern Klavierduo, Horn, Gesang und Violine ausgetragen. Die Ergebnisse werden dann am 16. Juli bekanntgegeben.
Momentan ist die internationale Jury dabei zu entscheiden, wer zum zweiten Durchgang nach München fahren darf. Auch für die Juroren ist es ein sehr ungewöhnlicher Prozess, gibt doch jeder sein Votum nach alleiniger Sichtung der Video-Aufnahmen ab. Für den Juror Frank Michael Erben, Konzertmeister des Leipziger Gewandhausorchesters, ist die Online-Runde "nur ein Vehikel, um die gegenwärtige Problematik zu entschärfen." Denn den Wettbewerb erneut zu verschieben, wäre fatal gewesen "für die jungen Leute, die motiviert sind und diesen Push für ihre Karriere brauchen", so Erben. Dass der erste Durchgang auch nach der Corona-Pandemie digital stattfindet, kann er sich nicht vorstellen. "Ich bin immer für Präsenz", stellt der Juror klar.
Die 26-jährige Geigerin und Wettbewerbsteilnehmerin Larissa Cidlinsky fand es schwierig, einen geeigneten Ort für ihre Videoaufnahme zu organisieren. Denn für ihr Kammermusikstück mit Klavierbegleitung – die Präludien von Dmitri Schostakowitsch – brauchte sie einen gut klingenden Flügel. "Es ist in der jetzigen Zeit gar nicht so einfach, einen passenden Raum zu finden, weil im Moment ja viele Wettbewerbe verlangen, dass man die erste Runde mit Video aufnimmt." Doch Larissa Cidlinsky hatte Glück: Sie ergatterte ein Zeitfenster in einem Saal der Universität der Künste in Berlin, in dem ein Flügel stand.
Wettbewerb-Teilnehmerin im Fach Gesang: Katharina Ruckgaber | Bildquelle: © Christoph Tempes Nun sind Larissa Cidlinsky, Katharina Ruckgaber und Lorenz Chen gespannt, ob sie es in die zweite Runde schaffen. Um allzu viele Kandidaten vor Ort zu vermeiden, haben die Wettbewerbsorganisatoren den Juroren vorgegeben, nur zwölf Teilnehmer jeder Kategorie für den zweiten Durchgang zuzulassen. Wer von den insgesamt 192 Kandidatinnen und Kandidaten noch dabei ist, wird ab dem 16. Juli auf der Wettbewerbs-Homepage bekannt gegeben.
Sendung: "Allegro" am 6. Juli 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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