Daniel Barenboims Führungsstil steht massiv in der Kritik. Mehrere ehemalige Mitglieder der Staatskapelle Berlin erheben Vorwürfe wegen respektloser und demütigender Behandlung. Nun haben sich weitere betroffene Musiker gemeldet, wie die New York Times berichtet.
Bildquelle: Peter Adamik
Die Diskussion um Daniel Barenboim zieht immer weitere Kreise. Sieben ehemalige und noch beschäftigte Orchestermusiker der Staatskapelle Berlin haben die aktuellen Vorwürfe gegenüber der New York Times bestätigt. Sie berichten von Schikane und Mobbing, die sie während der Proben mit dem auf Lebenszeit ernannten Chefdirigenten erfahren haben.
Neben Posaunist Martin Reinhard und Paukist Willi Hilgers, die bei BR-KLASSIK bereits Stellung genommen haben, hat sich nun auch Dirigent Leo Siberski zu Wort gemeldet. Der 49-jährige Musikdirektor des Philharmonischen Orchesters Plauen-Zwickau, spielte zwischen 1992 bis 2003 als Solo-Trompeter unter der Leitung von Daniel Barenboim.
Er hat schon bald eine Situation gefunden, in der er mich bloßstellen und ein Exempel an mir statuieren konnte.
Bildquelle: © Jan Woitas/dpa Während dieser Zeit habe Siberski Wutausbrüche von ihm erlebt, die direkt an einzelne Orchestermitglieder gerichtet waren. Nachdem sein Antrag auf ein Urlaubsjahr von Barenboim entschieden abgelehnt wurde, habe sich das Verhalten des Chefdirigenten ihm gegenüber schnell verschlechtert: "Er hat schon bald eine Situation gefunden, in der er mich bloßstellen und ein Exempel an mir statuieren konnte", erklärt Siberski. Wie bereits von anderen Musikern berichtet, habe Barenboim ihn einzeln vor dem Orchester vorspielen und Passagen endlos wiederholen lassen.
Daniel Barenboim hat der New York Times auf diese Anschuldigungen geantwortet, es sei gängige Praxis, Musiker in einem Weltklasse-Orchester ihre Melodielinien alleine vorspielen zu lassen. Generell begrüße er einen Wandel im Umgang zwischen Dirigenten und Musikern, sagte er, doch ein Orchester könne nicht funktionieren, wenn jede Entscheidung demokratisch getroffen werde: "Irgendjemand muss die Führung übernehmen, Entscheidungen treffen und die ultimative Verantwortung haben." Letzte Woche hatte sich der Orchestervorstand in einer Mitteilung bereits hinter seinen Chefdirigenten gestellt.
Es ist gängige Praxis, Musiker in einem Weltklasse-Orchester ihre Melodielinien alleine vorspielen zu lassen.
Leo Siberski kündigte schließlich seine Stelle bei der Staatskapelle Berlin, "um aus der Schusslinie zu gelangen", wie er sagt. Inzwischen ist er selbst als Dirigent tätig und pflegt einen anderen Umgang mit seinem Orchester: "Wenn ein verantwortungsbewusster Musikdirektor sein Ensemble auf ein neues Qualitätslevel bringen möchte, dann wird das immer auch mit Anstrengungen verbunden sein.", sagt Siberski. "Doch es ist ein Unterschied, ob das wunde Hände zur Folge hat oder dabei die Würde des einzelnen verletzt wird."
Sendung: "Allegro" am 27. Februar 2019 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK