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Forschungsprojekt "Bayerische Staatsoper 1933-1963" "Richard Strauss hat das NS-System für sich ausgenutzt"

Obwohl Adolf Hitler München als "Hauptstadt der Bewegung" bezeichnete, lief am Münchner Nationaltheater während der Nazi-Zeit einiges grundlegend anders als an vergleichbaren Häusern. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest ein Forschungsprojekt.

Richard Strauss Ehefrau des Oberbürgermeisters und Reichsleiters Karl Fiehler und Clemens Krauss, 1939. | Bildquelle: Privatnachlass (Originalfoto)

Bildquelle: Privatnachlass (Originalfoto)

Foto: Richard Strauss, Ehefrau des Oberbürgermeisters und Reichsleiters Karl Fiehler und Clemens Krauss, 1939.

"Es gibt krasse Unterschiede zwischen anderen Häusern und der Bayerischen Staatsoper in München", so Jürgen Schläder von der Ludwig-Maximilians-Universität. Die ersten Ergebnisse seines Forschungsprojekts "Bayerische Staatsoper 1933-1963" stellte der Theater- und Musikwissenschaftler am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz in München vor.

Das Schönste ist, dass es keinen Skandal gibt.
Nikolaus Bachler, Intendant der Bayerischen Staatsoper

Die bisherigen Ergebnisse - eine Auswahl

Richard Strauss habe dem NS-Regime "sehr deutliche Avancen" gemacht. Er sei ideologisch mit dem System einverstanden gewesen, so Jürgen Schläder, "oder mindestens nur, um sein Bankkonto zu füllen." Der Theaterwissenschaftler plädiert daher für eine Korrektur von Strauss' Biographie, betont aber, man müsse sie "nicht neu schreiben". Es sei sehr bezeichnend, so Schläder, dass Strauss das NS-System "für sich selber und seine eigene Wohlfahrt ausgenutzt hat." In dieser Art und Weise sei das bis heute noch nicht aufgearbeitet worden. Zur Uraufführung der Richard-Strauss-Oper "Capriccio" im Jahr 1942 war außerdem die Nazi-Prominenz aus dem ganzen Land eingeladen.

Die Forscher haben keine Hinweise darauf gefunden, dass die Opernleitung zur Zeit des NS-Regimes besonders ideologisiert gewesen ist, obwohl München von Adolf Hitler als "Hauptstadt der Bewegung" ausgerufen wurde. Die Wissenschaftler räumten allerdings ein, dass viele Unterlagen von damals fehlen. Auf alten Fotos hätten sie "nicht eine einzige Hakenkreuzfahne auf dem Dach" entdeckt, so Jürgen Schläder. Aber: "Auch in München wurden natürlich Fäden gezogen."

Jüdische Künstler mussten auch in München das Nationaltheater verlassen, daran sei die Opernleitung aber "nicht aktiv beteiligt" gewesen, so Schläder. Es sei dort außerdem anders gelaufen als etwa im Fall von Richard Tauber an der Wiener Staatsoper. Dort sei der Tenor "von seinen eigenen Sängerkolleginnen und -kollegen diffamiert und rausgeekelt" worden.

In München sollte ein neues, überdimensional großes Opernhaus entstehen, für das Adolf Hitler die Skizzen entwarf.

Von 38 Opern, die während der Nazi-Zeit in München aufgeführt wurden, standen 34 auch nach 1952 auf dem Spielplan, zum Teil in der gleichen Inszenierung.

Nationaltheater. Aquarell von Adolf Hitler. 1912. | Bildquelle: Price, Billy F. / Hitler, Adolf: Adolf Hitler als Maler und Zeichner. München: Amber, 1983, S. 79. Das Münchner Nationaltheater, ein Aquarell von Adolf Hitler, 1912 | Bildquelle: Price, Billy F. / Hitler, Adolf: Adolf Hitler als Maler und Zeichner. München: Amber, 1983, S. 79. Nur eine wahrhaftige Beschäftigung mit der Vergangenheit, sagt Nikolaus Bachler, ermögliche auch eine Zukunft. Ein Grund, warum der Intendant der Bayerischen Staatsoper zum 50. Jubiläum der Wiedereröffnung des Münchner Nationaltheaters 2013 dieses Projekt in Auftrag gab. Die Forschungsarbeit zeige, so Bachler, auch sehr genau die Unterschiede, wie in der Zeit von 1933 bis 1963 an den Opernhäusern von Wien, Berlin und München künstlerisch und politisch gehandelt wurde. Der Intendant zeigt sich mit den Ergebnissen sehr zufrieden, weil Jürgen Schläder und seine Mitarbeiter "eine ganz sensible und auch dem Theater gemäße Arbeit geleistet haben."

In vier Vortragsabenden wurde zwischen Januar und März 2016 das Forschungsprojekt "Bayerische Staatsoper 1933-1963" vorgestellt. Die Schwerpunkte waren dabei: Richard Strauss und Clemens Krauss im Nationalsozialismus: Inszenierung der "politischen Harmlosigkeit"; Wegbereiter, Lückenbüßer und alte Bekannte: die Bayerische Staatsoper in den Scharnierjahren nach 1945; "Wir sind wieder wer": die Bayerische Staatsoper zwischen Restauration und Reform im jungen Freistaat; Antisemitismus, Verfolgung, "Deutsche Kunst": Ideologische Praxis vor und hinter den Kulissen der Bayerischen Staatsoper.

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