Der Grüne Hügel in Bayreuth ist ein besonderer Ort. Jeden Sommer pilgern Ströme von Wagner-Fans zu den Festspielen. Auch für die mitwirkenden Künstlerinnen und Künstler ist die Atmosphäre eine ganz besondere. "Bayreuth ist halt Bayreuth", sagt Waltraud Meier. Die Mezzosopranistin war viele Jahre Stammgast bei den Bayreuther Festspielen – und erinnert sich gerne an früher.
Bildquelle: Nomi Baumgartl
BR-KLASSIK: Es gibt einen Spruch in Bezug auf das Mitarbeiten in Bayreuth: "Es gibt Leute, die kommen einmal, und es gibt Leute, die kommen immer". Sie waren von 1983 bis 2000 da, und dann noch einmal 2018. Warum sind Sie immer wieder zu den Bayreuther Festspielen gekommen?
Waltraud Meier: Es war wunderbar, hier mit den Kollegen zu arbeiten. Mit den Dirigenten – an erster Stelle natürlich mit James Levine und dann mit Daniel Barenboim. Und damals war es so: Es war wirklich ein Gesamtkunstwerk. Die Werkstatt Bayreuth war auch wirklich noch eine Werkstatt. Wir haben uns da von Jahr zu Jahr gemeinsam weiterentwickelt. Die Besetzung ist geblieben. In all den Jahren, in denen ich die Isolde gesungen habe, waren wir eigentlich die Kernbesetzung. Die blieb über die ganzen Jahre die Gleiche. Das heißt, es bestand auch wirklich die Chance, dass man sich gemeinsam weiterentwickelt und auch in der Produktion immer mehr in die Tiefe gefunden hat. Gerade was den Ausdruck betrifft. Das war hier einfach einzigartig.
Wir haben uns von Jahr zu Jahr gemeinsam weiterentwickelt.
BR-KLASSIK: Sie waren damals über den ganzen Sommer hier. Das ist heute ja kaum mehr abzuverlangen. Wie haben Sie damals den Festspielalltag erlebt? Es war wahrscheinlich mehr, als nur das Arbeiten auf der Bühne und in den Probesälen?
Bayreuther Festspiele 1995: Waltraud Meier als Isolde mit Siegfried Jerusalem als Tristan | Bildquelle: picture-alliance / dpa | Stefan Kiefer Waltraud Meier: Ja, ich habe jedes Mal außerhalb von Bayreuth gewohnt – richtig schön im Ländlichen. Das habe ich sehr genossen. Es war die Balance zwischen dem absolut ernsthaften Arbeiten und diese Erholung draußen. Vieles hat sich damals auch in der Kantine abgespielt. Das war der Treffpunkt schlechthin. Es gab diese Ecke, wo Schafkopf gespielt wurde. Ich habe das nie gelernt, sondern immer nur zugeguckt und den Kollegen ab und zu ein Bier gebracht. Jedenfalls hat man dort eigentlich den Tag verbracht. Und jeder konnte Hund, Kinder und alles Mögliche mitbringen. Es war sehr gemütlich. Unglaublich familiär.
Die Kantine war damals der Treffpunkt schlechthin.
BR-KLASSIK: Hat sich diese familiäre Atmosphäre auch auf die Leistung auf der Bühne ausgezahlt?
Waltraud Meier: Ich denke schon, dass das was ausmacht, wenn man sich wohlfühlt. Es gibt einen wunderbaren Ausspruch vom früheren Manager der New Yorker Met: "Only a happy singer is a good singer." Ich weiß natürlich nicht, wie es hier inzwischen abläuft. Aber in meiner damaligen Zeit hat man viel Zeit mit den Kollegen verbracht – auch viel private Zeit. Und was ich auch schön fand: Man war auch viel mit den Kollegen zusammen, die in einem anderen Stück beschäftigt waren. Wo gibt es das sonst? Dass Sie Ihre Fachkollegen eigentlich dauernd sehen – in der Kantine oder draußen im Garten. Da kam man ganz anders miteinander ins Gespräch. Der Austausch war intensiv. Das war schön.
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2018 sang Waltraud Meier als Ortrud im Bayreuther "Lohengrin" | Bildquelle: Enrico Nawrath BR-KLASSIK: Sie sind dann nach langer Zeit zurückgekehrt – 2018 als Ortrud. Das waren natürlich andere Zeiten. Auch das Phänomen, dass Sänger den ganzen Sommer hier waren, gab es so nicht mehr. Haben Sie einen Unterschied wahrgenommen?
Waltraud Meier: Ein bisschen schon. Ich bin trotzdem die ganze Zeit hier geblieben – von der Probenzeit bis zum Ende der letzten Vorstellung von "Lohengrin". Insofern war es für mich schon so ein leichtes, früheres Bayreuth-Feeling. Ich habe wieder außerhalb gewohnt. Ich glaube, ich habe mir so einfach die Erinnerung wieder hergeholt. Das habe ich genossen.
BR-KLASSIK: Wie war der erste Moment, als Sie zurückgekehrt sind? Ist Ihnen etwas Bestimmtes aufgefallen?
Waltraud Meier: Der Geruch der Bühne. Der ist so ganz anders als an jedem anderen Opernhaus. Es riecht hier anders, wenn man auf die Bühne kommt, und das hat mir wirklich die ganzen Gefühle zurückgebracht. Es war toll. Bayreuth ist halt Bayreuth.
Sendung: "Allegro" am 4. August 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
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