Viel Solidarität herrscht in diesen Tagen mit der Ukraine. In einem Benefizkonzert zeigen auch Anne-Sophie Mutter und die drei großen Münchner Orchester ihre Verbundenheit mit den Leidtragenden des russischen Angriffs. Doch warum haben gerade jetzt so viele das Gefühl, dass Musik wichtiger ist denn je?
Bildquelle: DG/Harald Hoffmann
"Musik war für mich immer schon ein Anker, ich ziehe mich daran hoch", erzählt ein Musiker bei der Generalprobe. "Wenn ich Klarinette spiele oder auch Probe habe, dann kann ich vergessen, was draußen passiert", sagt eine andere: "Man muss sich das auch erlauben, dass man das tut." Musik ist in diesen Tagen für die beiden Musiker und ihre Kollegen beides: Trost für die Ukraine, aber auch Halt für sich selbst.
Hier können Sie das komplette Konzert anhören
Doch nicht nur das Musizieren an sich tut ihnen gut. Sie alle verbindet die Musik, ganz gleich, welcher Nationalität sie entstammen. "Ich komme aus dem tatarischen Kazan, meine Mama ist Tatar, mein Papa ist Russe und mein Nachname kommt von meinem Großvater – und der kommt aus der Ukraine", erklärt der Bratschist Vladimir Babeshko. Er verkörpert im buchstäblichen Sinne, wie nah sich Ukrainer und Russen eigentlich sind – oder waren. Auch sonst musizieren in diesem eigens für das Benefizkonzert zusammengestellten Orchester Musikerinnen und Musiker beider Nationalitäten auf engstem Raum zusammen. "Es ist eine ganz eigenartige Stimmung im Orchester", meint Christian Loferer, Hornist und Orchestervorstand an der Bayerischen Staatsoper. Er hat das Benefizkonzert mit auf die Beine gestellt. "Wir haben ja auch Kollegen, die Verwandtschaft in Kiew haben oder auch selbst aus der Ukraine kommen, aber auch aus Russland kommen. Und die genauso betroffen sind, weil sie das ganz furchtbar finden."
Beethoven, ein Kind der Aufklärung. Beethoven, ein begeisterter Anhänger von Freiheit!
Auf dem Programm steht Beethoven. Für die Geigerin Anne Sophie Mutter ein Muss: "Der Beethoven hat einfach alles: Hoffnung, Freiheit und Brüderlichkeit – und gleichzeitig auch das Schicksalsmotiv der 5. Symphonie, die auch die Realität widerspiegelt."
Anne Sophie Mutter hat zusammen mit den drei großen Münchner Orchestern das Benefizkonzert für die Ukraine ins Leben gerufen. | Bildquelle: BR Doch so wichtig das Symbolische des Abends sein mag – viel wichtiger ist die tatsächliche Hilfe, die hier indirekt durch die Musik geleistet wird. Alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler verzichten an diesem Konzertabend auf ihre Gagen, auch der Dirigent Lahav Shani und Anne-Sophie Mutter. Eintrittsgelder und Spenden gehen an "Save the children", eine Hilfsorganisation, die sich seit 2014 um Kinder und Familien in der Ukraine kümmert und dort wertvolle humanitäre Hilfe leistet. "Wenn man selber gesehen hat, was Kinder erlebt haben und wie sie damit umgehen, ist eines, was sehr wichtig ist, dass Kinder so schnell wie möglich ein Stück Normalität und Sicherheit bekommen", so Claudia Kepp. Seit vielen Jahren gehört sie zum Kernteam der Organisation. Zu dem Stück Normalität gehört auch ein Kuscheltier, das jedes Kind von "Save the children" erhält. Dazu gehört ein Bett ohne Sirenengeheul, die Aussicht auf Schule, die derzeit in der Ukraine so gut wie gar nicht stattfindet. Viele wollen helfen, zerbombte Straßen erschweren jedoch die Hilfsgütertransporte. "Am unproblematischsten sind wirklich Geldspenden, die dort eingesetzt werden, wo sie am meisten gebraucht werden", betont Kepp.
Für viele bleibt nur das Anmusizieren gegen den Wahnsinn dieses Krieges.
Für die Musikerinnen und Musiker ist das Konzert eine Herzensangelegenheit, weil sie ihr Mitgefühl ausdrücken können, aber auch, weil ihnen die Musik Halt gibt und nicht zuletzt, weil sie mit Beethoven dem Publikum ein wenig Zuversicht vermitteln. Deshalb brauchen wir Musik.
Das Benefizkonzert der großen Münchner Orchester gemeinsam mit Violinistin Anne-Sophie Mutter hat mehr als 333.000 Euro für ukrainische Kinder eingespielt. Das teilte die Kinderrechtsorganisation "Save the Children" am 16. März in Berlin mit. Das Geld werde verwendet, um den vom russischen Angriffskrieg geschädigten Familien zu helfen.
BR-KLASSIK zeigt das Benefizkonzert am Samstag, 12.3. um 20:15 Uhr im Videostream. Zeitgleich erfolgt eine Fernsehübertragungen auf 3sat. Am Sonntag, 13.3., wird das Konzert gegen 9:45 Uhr im BR Fernsehen übertragen.
Sendung: Leporello am 8. März ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (3)
Mittwoch, 09.März, 13:37 Uhr
Norbert Ippen
BENEFIZKONZERTE.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Es ist einfach großartig, dass Frau A.S. Mutter Benefizkonzerte initiiert und sich in solche einbringt, zu Gunsten leidender Menschen, besonders der Kinder.
Man kann es eigentlich nicht hoch genug schätzen, wenn Künstler sozial engagiert sind. Das macht Mut und bringt auch Trost. Der Himmel wird es Ihnen dereinst in Fülle vergelten!
Mit herzlichen Grüßen
Norbert Ippen
09/03/2022
Mittwoch, 09.März, 12:56 Uhr
Euphrosine
Musik in Zeiten des Krieges
In der Tat, Musik kann ein wunderbarer Trost in fast allen Lebenslagen sein, auch wenn man nur zuhören kann. Ich hoffe sehr, dass es allen Künstler*innen auch in diesen aufgeheizten Zeiten gelingen möge, sich von keinerlei Propaganda vereinnahmen zu lassen und anti-aufklärerischen Zwängen ausgeliefert zu sein.
Dienstag, 08.März, 22:44 Uhr
Ewald Schütz
Benefizkonzert Ukraine
Einen großen Dank für diesen Abend, für dieses Konzert. Ein unvergessliches Erlebnis.