Im Vordergrund der Nachrichten steht der Krieg. Jeder Post in den sozialen Netzwerken, jede Neuigkeit, die nicht mit dem Schmerz des Krieges zu tun hat, scheint irrelevant. Aber was ist mit Musik? BR-KLASSIK Redakteur Roland Spiegel schreibt ihr gerade jetzt eine ganz besondere Rolle zu.
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Zugabe
Schöngeist gegen Autokraten?
Nun siehst du mal wieder, sagt mein Freund Werner, es gibt Themen, die wichtiger sind als deine. "Was kann das Schöngeistige gegen Kriege ausrichten", fragt er noch. Sein Satz bringt mich zum Nachdenken. Angesichts verheerender Ereignisse, bei denen viele Menschen ihr Leben verlieren, scheint es nicht mehr wichtig, ob ein Pianist bei Bach die Stimmen klar ausformt, eine Dirigentin bei Beethoven die richtigen Tempi wählt und ob ein improvisierender Musiker einen inspirierten Tag hat. Wenn Menschen einander mit tödlichen Waffen bekämpfen, scheinen Künste bedeutungslos zu werden. Musik: Schöne Töne für unbeschwerte Momente in der Freizeit! Erbauung für fröhliche Stunden außerhalb der harten Wirklichkeit!
Lesen Sie hier, wie sich Musiker*innen aus der Klassikszene zum Ukraine-Krieg äußern
Das meinen viele. Sogar die von vielen Menschen hochgeschätzte Ex-Bundeskanzlerin warf vor wenigen Monaten die Kultur in einen Topf mit „Spaßbädern“. Und lag damit drastisch daneben. Kultur: Das ist Identität. Das ist das, was von Menschen lange nach ihrem Tod bleibt. Musik, bildende Kunst, Theater, Literatur, Film: Das ist geistige Freiheit. Das, was Diktatoren besonders gern verbieten, weil ihnen frei denkende Menschen im Weg sind. Die Künste drücken aus, was Individuen in einer Gesellschaft empfinden. Sie reflektieren Freiheit, Freiheitsentzug - und die Schattierungen dazwischen.
Orchestermusiker*innen spielen Open Air in Paris | Bildquelle: dpa picture alliance Musik als Kunst, die Gefühle besonders stark ausdrückt, spielt erst recht eine wichtige Rolle. Kann eine Warnung vor Kriegen eindringlicher sein als in Benjamin Brittens "War Requiem"? Kann etwas den Horror des Menschenmöglichen aufrüttelnder ausdrücken als Arnold Schönbergs "Überlebender aus Warschau"? Lässt sich der Aufbruch in eine neue Demokratie mitreißender begleiten, als es der Jazz nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland tat? Und was könnte – zu guter Letzt - menschliche Gemeinschaftlichkeit emphatischer ausdrücken als Beethovens Neunte, dieses mitreißende Ungetüm, das zwar oft missbraucht wurde, aber noch öfter für eine Menschheit stand, die sich nicht bekriegt. Das alles ist definitiv nicht schöngeistig! Es hat nichts mit Freizeitspaß zu tun, sondern mit menschlicher Haltung. Und die ist, wenn man sie rechtzeitig zeigt, das wichtigste probate Mittel gegen Autokraten. Sollte das, richte ich als Gegenfrage an meinen langjährigen Freund, wirklich kein wichtiges Thema sein?
Hier sind alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine zu finden
Sendung: "Allegro" am 4. März 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Freitag, 04.März, 09:34 Uhr
Astrid Posegga
Des Lebenswagen Orattorium für den Frieden
Mein Mann Hans Posegga +2002 (Sendung mti der Maus u.a.) hat 1981 ein großes Oratorium im Auftrag des Klosters Benediktbeuern aufgeführt, das auch vom BR aufgezeichnet wurde. Der Schwerpunkt liegt auf der Schonheit dieser Erde und der Bedrohung durch Waffen (damals die Stationierung der Pershing Raketen) Wenn Siemit Ihre Email Adressse geben, kann ich Ihnen einen Ausschnitt schicken, aber auch per Post eien CD.
Es ist aktueller denn je
Astrid Posegga Tel. 08151 51166