BR-KLASSIK

Inhalt

Chöre in Berlin Viel Kritik am Gesangsverbot

Viele Corona-Beschränkungen für Kunst und Kultur werden gelockert, auch das Singen erlauben einige Bundesländer unter strengen Hygienevorschriften wieder. In Berlin dagegen heißt es dagegen nun: Singen in Räumen ist verboten. Außer an Schulen?

Marina Dammekens dirigiert den Chor "RiPiTiKi" | Bildquelle: picture alliance/Christoph Soeder/dpa

Bildquelle: picture alliance/Christoph Soeder/dpa

Während in Bayern und anderen Bundesländern Chöre wieder proben dürfen, geht Berlin den entgegengesetzten Weg: Laut der neuen "SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung" vom 23. Juni ist das Singen in geschlossenen Räumen in Berlin verboten. In Paragraph 5 Absatz 1 heißt es da: "In geschlossenen Räumen darf nicht gemeinsam gesungen werden." Wer das doch tut, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld bestraft wird.

Es macht für die Verordnung also keinen Unterschied, wie groß und wie gut ein Raum gelüftet ist. Das Verbot scheint auch in Schulen zu gelten – allerdings steht im erst am 24. Juni aktualisierten "Musterhygieneplan Corona für die Berliner Schulen": "Chorproben können bis auf Weiteres stattfinden, sofern der Probenraum so groß ist, dass zwischen allen Sängerinnen und Sängern ein Mindestabstand von 2 Metern eingehalten werden kann." Seit dem 25. Juni sind in Berlin aber sowieso Sommerferien.

Chöre werden aus der Arbeit gerissen

Erst vor Kurzem hatte der Chorverband Berlin ein neues Konzept vorgelegt, wie Chorproben trotz Corona-Pandemie stattfinden könnten. Der Verband reagierte auf die neue Verordnung mit einem offenen Brief: "Das ist Auslöschen von Kulturgut", heißt es darin. "Wer diese katastrophale Entwicklung in der Kulturlandschaft Berlin stoppen will, muss sofort mit intensiver Unterstützung der Wissenschaft die Perspektive des gemeinsamen Singens in Räumen transparent erforschen."

Auch vom Deutschen Musikrat gibt es Kritik an der Verordnung des Berliner Senats. "Singen ist elementar für die Kulturnation Deutschland und unter Wahrung der Hygienevorschriften sehr wohl in geschlossenen Räumen möglich", sagt Christian Höppner, der Generalsekretär des Deutschen Musikrates. Die Entscheidung offenbare ein erschreckendes Kulturverständnis. Auch Höppner plädiert dafür, die Auswirkung des Singens besser wissenschaftlich auszuwerten.

Große Wut bei Sängerinnen und Sängern

Die Verordnung trifft die Chöre unvermittelt. An der Deutschen Oper etwa sollten im August die Proben zu einer Neuproduktion der "Walküre" beginnen. "Wir befinden uns gerade in der Wiederaufnahme des Singbetriebes, es gibt Proben, es gibt Aufnahmen, die Chöre arbeiten. Wir mussten von heute auf morgen Produktionen absagen", sagt Anselm Rose, der Geschäftsführer der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Berlin, im Gespräch mit BR-KLASSIK. "Die Ratlosigkeit und die Wut bei den Sängerinnen und Sänger war groß."

Die Verordnung gilt zunächst bis zum 24. Oktober. Ende Juli ist allerdings eine Novellierung möglich, für die sich die Berliner Chöre jetzt stark machen wollen.

Sendung: Leporello am 29. Juni 2020 ab 16.05 Uhr

Kommentare (0)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.
Zu diesem Inhalt gibt es noch keine Kommentare.

    AV-Player