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Bei den Proben zu "Klimt.Bacon" in Regensburg Bilderrausch zwischen Opulenz und Chaos

Männerkleidung malte er aus Rechtecken, Frauengewänder aus Kreisen; der Einfluss japanischer Vorbilder, in denen die Fläche statt der Perspektive betont wird, ist nicht zu übersehen. Und er legte gar Blattgold auf die Details, die so kostbar byzantinisch wie gewagt modern anmuten. Die Rede ist von Gustav Klimt, dem Wiener Malerkönig des Fin de Siècle. Ihn rückt einen Ballettabend in Regensburg in den Blickpunkt und stellt ihm Francis Bacon entgegen, den britischen Schmerzensmaler des 20. Jahrhunderts - spielsüchtiger Trinker und düsteres Genie. BR-KLASSIK war bei den Proben dabei.

Bildquelle: © Bettina Stöß

Ballett über Klimt und Bacon in Regensburg

Bilderrausch zwischen Opulenz und Chaos

Auf der Bühne hängt von oben eine riesige vergoldete Scheibe - optisch eine Art Mischung aus der Himmelsscheibe von Nebra und dem "Kuss" von Gustav Klimt. In jedem Fall aber so erhebend wie aufregend, und von oben lastend. Entsprechend die Bilder auf der Bühne: Verschiedene Frauentypen sind da zu sehen, natürlich ihren Beziehungen zum Mann - will heißen: dem Mann der Zeit Gustav Klimts, Max Regers oder auch Henrik Ibsens - entsprechend in verschiedenen Stadien der Unterwerfung. Der Regensburger Gast-Choreograf Felix Landerer stellt dabei einen annähernd emanzipierten Frauentyp in den Mittelpunkt, den Klimt selbst wohl auch bevorzugt hat.

Ich wollte einen Bogen spannen.
Choreograf Felix Landerer

Komplexes Verhältnis zwischen Mann und Frau

Bühnenszene der Ballett-Inszenierung "BilderRausch: Klimt.Bacon" am Theater Regensburg | Bildquelle: © Bettina Stöß Bildquelle: © Bettina Stöß "Die Tänzerin Harumi Takeuchi tanzt Emily Flügge, die zu dem damaligen Zeitpunkt schon wie eine Art gleichberechtigte Freundin von Gustav Klimt daherkam", erläutert Landerer. "Es ist ein lebenslanges Verhältnis gewesen zwischen den beiden - wo ich das Gefühl hatte: Das muss eine schwesterliche, also ein gleichberechtigte Verbindung sein. Ich wollte einen Bogen spannen: Einerseits sollte es ein historisches Stück sein, das die Umstände von damals zeigt, andererseits auch die Frage aufwerfen, wie es denn bei uns heute aussieht." Es gelingt in Ansätzen, unterstützt von den auf Max Regers "Romantischer Suite" fußenden Klanginstallationen von Christoph Littmann, die wohl ahnen lassen sollen, wie komplex und teils zerrissen das Verhältnis von Mann und Frau auch heute - trotz oder vielleicht auch wegen der weiblichen Emanzipation - geworden ist.

Bedürfnis nach Befreiung

In schmerzlichen Kontrast zu Klimts - trotz aller Unterwerfung, trotz allen Aufbegehrens - immer noch ästhetischer Bildwelt steht die Vertanzung und Vertonung des als Schmerzensmann berühmt gewordenen Francis Bacon. Der Regensburger Ballettchef Yuki Mori zeigt sich fasziniert davon: "Erstens geht es in seinen Werken sehr körperlich, chaotisch und gewalttätig zu. Aber im Hintergrund steckt immer das Bedürfnis nach Befreiung, Schmerzen, innerem Schrei und ewiger Stille."

Zombies auf der Bühne

Bühnenszene der Ballett-Inszenierung "BilderRausch: Klimt.Bacon" am Theater Regensburg | Bildquelle: © Bettina Stöß Bildquelle: © Bettina Stöß Die Musik Arvo Pärts passt perfekt zu den verstörenden Schreckensvisionen Bacons. Zombies krümmen sich auf der Bühne, vom Schmerz zerstört; aus einem riesigen aufgehängten Rinderkadaver wird eine Art Ku Klux Klan-Kapuzenmann geboren. Francis Bacon gilt als Nachfahre vieler bedeutender europäischer Maler, die alle den Schmerz, aber auch die Faszination der Gewalt bebildert haben. Hermann Nitsch ist einer der letzten Erben dieser Tradition. Die Regensburger Musik Dramaturgin Christine Schmitt äußert sich dazu: "Tatsächlich ist Francis Bacon ein Stück weit berühmt als der 'Schmerzensmaler', der immer wieder Körper gezeichnet hat, die offen gelegt werden, die verzerrt sind - fast wie seziert. Und um dem auch adäquaten zeitgenössischen Ausdruck zu geben, hat Yuki Mori eben solche Musiken ausgewählt."

Spannungsreiche Kontraste

Und was gibt es zwischen beiden Künstlern, zwischen Bacon und Klimt für eine Verbindung - malerisch und tänzerisch? Ballettchef Yuki Mori sieht eher einen spannungsreichen Kontrast: "Bei Klimt ist es sehr opulent und ästhetisch, Bacon hingegen spricht direkt die Nerven und die Sinne an."

Mehr zum Stück

"BilderRausch: Klimt . Bacon"
Tanzabend von Yuki Mori und Felix Landerer
Mit Musik von Max Reger und Christof Littmann ("Klimt"), Arvo Pärt, Dobrinka Tabakova, Henryk Mikolaj Górecki und Osvaldo Golijov ("Bacon")

Regensburg, Theater am Bismarckplatz

Premiere: 17. Februar 2018. Weitere Infos zu Terminen und Vorverkauf gibt es auf der Homepage des Theaters Regensburg.

Sendung: "Allegro" am 16. Februar 2018, ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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