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Sopranistin Kathryn Lewek Bodyshaming-Vorwürfe gegen Musikkritiker

Die US-amerikanische Sopranistin Kathryn Lewek wirft mehreren Opernkritikern vor, ihren Körper mit abfälligen Worten beschrieben zu haben. Inzwischen hat sich selbst die Präsidentin der Salzburger Festspiele eingeschaltet.

Kathryn Lewek (Eurydice), Marcel Beekman (Aristée / Pluton) | Bildquelle: SF/Monika Rittershaus

Bildquelle: SF/Monika Rittershaus

Wenn Kritiker und Kritikerinnen über eine Inszenierung schreiben, dann schreiben sie nicht nur über die Musik, sondern auch über alles, was sie sehen: Bühne, Licht, Kostüme, Maske, Sänger. Wie sollten sie dabei mit dem Körper der Darsteller umgehen? An dieser Frage entzündet sich gerade ein Streit zwischen der amerikanischen Sopranistin Kathryn Lewek, dem "Welt"-Journalisten Manuel Brug und der Online-Klassik-Community überhaupt.

"Dicke Frauen in engen Korsetten"

Was ist passiert? Schon vor zwei Wochen schrieb Brug in einer Kolumne über seine Zeit bei den Salzburger Festspielen. Von prominenten Begegnungen ist da die Rede, von kulinarischen Freuden und ebenfalls von den Salzburger Operninszenierungen. Auch der "Orphée aux enfers" von Barrie Kosky wird beschrieben, unter anderem mit dem Satz: "Und leider läuft der gut geölte Marionetten-Mechanismus schnell leer, immer wieder machen dicke Frauen in engen Korsetten in diversen Separees die Beine breit."

Damit dürfte auch Kathryn Lewek gemeint sein. Andere Medien bezogen sich ebenfalls auf ihren Körper: Die FAZ sah Eurydike "von Kathryn Lewek mit praller Sinnlichkeit verkörpert", beim ORF war sie eine "optisch ganz schön derb geführte" Rolle, und auch BR-KLASSIK beschrieb eine "dralle Eurydike". Die Sängerin sieht in den Kritiken zum Teil Bodyshaming, also das Beleidigen eines Menschen für dessen Körper – besonders Frauen werden auf diese Art oft herabgesetzt.

Shitstorm auf Twitter

Lewek äußerte diesen Vorwurf vergangene Woche auf Twitter. Dort postete sie eine Reihe von Fotos mit ihrem Kind, dass sie vor zehn Monaten auf die Welt brachte. Ihr Körper habe sich in Folge der Geburt stark verändert. Sie schreibt: "Ich war deprimiert, weil einige Opernkritiker entschieden haben, es sei ihr Job, meinen Körper, wie er nach der Geburt aussieht, statt die Inszenierung zu bewerten." Und: "Ich hätte nicht gedacht, dass es solche Grausamkeit bei hochgebildeten und kultivierten Leuten gibt, denen wir zutrauen, Kunst in ihrer höchsten Form zu diskutieren und zu kritisieren." Unter dem Hashtag #shameoncritics schlossen sich auch andere Internetuser Leweks Aufruf an, ein Zeichen gegen Bodyshaming zu setzen.

Der Aufruf schlug Wellen, die internationale Presse berichtete, die BBC etwa, auch der britische "Guardian". Der bat auch Brug um eine Reaktion, die die Diskussion auf Twitter noch mehr anfeuerte. Der Guardian zitiert den Kritiker – laut Brug stark verkürzt – so: "Wenn sie so empfindlich ist, warum zeigt sie sich die ganze Zeit in diesem Korsett? Es ist bemerkenswert, dass die dünnen Damen auf der Bühne alle Kleider anhatten, während die nicht so dünnen Kostüme trugen, bei denen man viel von ihrem Gewicht sehen kann." Brugs Kritiker sehen in dem Zitat einen weiteren Beleg dafür, dass er die Körper, nicht die Leistung der Frauen bewerte.

Auch Festspielchefin unterstützt

Dem stimmte auch die Präsidentin der Festspiele, Helga Rabl-Stadler zu. In einer auf Facebook veröffentlichten Stellungnahme bezieht sie sich ebenfalls auf Brug: "Gratulation Kathryn Lewek zu Ihrer außergewöhnlichen künstlerischen Leistung, aber auch zu Ihrem Mut, gegen 'Bodyshaming' klar aufzutreten. Ein ziemlich einflussreicher deutscher Kritiker, dessen Aussehen ich nicht kommentiere, um mich nicht auf seine respektlose Stufe zu stellen, hat Kathryn vorgeworfen, sie wäre zu dick als Eurydice in Orphée aux enfers. […] Künstlerinnen und Künstler brauchen unseren Respekt für Ihre Leistung, nicht platte Sprüche über ihre körperliche Beschaffenheit." Ebenfalls via Facebook veröffentlichte Lewek ihre Beschwerde an Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt und dessen Antwort. Poschardt verteidigte seinen Kritiker: Brug kritisiere viel mehr Koskys Ästhetik als die einzelne Sängerin.

Am Montag hat sich nun Brug in der "Welt" unter dem Titel "Warum es richtig ist, das Wort 'dick' zu benutzen" selbst zu Wort gemeldet. Er schreibt darin, dass Barrie Kosky die Eurydice bewusst "eben nicht als schlank" inszeniert habe und dass es damit zur Inszenierung gehöre, auch über diese Ästhetik und damit das Aussehen der Sängerin auf der Bühne zu schreiben. Auf Twitter geht die Auseinandersetzung derweil weiter.

Kommentare (3)

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Donnerstag, 05.September, 22:00 Uhr

Dr. Thomas Schüren

Kommentar HelmutKircher betr.Aussehen Kathy Lewek

Werter Herr Kircher,
Ihre Meinung zum Aussehen von Frau Lewek bzw. der Rezension des Herrn Brug zeigt, dass man sich heutzutage als "old white man" geradezu schämen muss, wenn man so etwas liest.
Vielleicht ist Ihnen entgangen, dass das Wort "dick" gfls. als Attribut für einen Hund
passt ( so wie ich Ihren Kommentar gelinde gesagt als "dicker Hund" empfinde ), aber keinesfalls und nie und nimmer als Beschreibung für eine Person - schon garnicht öffentlich !
Nicht: es "wäre" nicht, sondern es IST verpflichtend, Worte wie "Neger" und "Zigeuner" nicht (mehr) zu benutzen. Ganz einfach !
Sie sind 50 Jahre zu spät geboren...

Donnerstag, 05.September, 16:46 Uhr

Helmut Kircher

Bodyshaming

Ich stehe voll und ganz hinter Manuel Brug. Sonst wäre es ja geradezu verpflichtend, das Wort "dick" wie "Neger" und "Zigeuner" aus dem allgemeinen Sprachgebrauch zu eliminieren.

Mittwoch, 04.September, 10:52 Uhr

Andrea Mink

Kathryn Lewek

Mit Freude habe ich in der ARTE-Mediathek Barry Koskys Inszenierung von Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" entdeckt.

Die Leistung von Kathry Lewek, wie auch von dem ganzen Salzburger Ensemble, war grossartig!

Wie die sich in die Rolle hineinschmiss, das war einfach toll! Ausserdem singt sie die Euridike dazu noch sehr sinnlich und doch wie ein Engel.

Wenn Frauen, die keine Size Zero mehr haben, Korsagen tragen, regen sich die Kritikaster auf als hätten sie Godzilla gesehen.
Schade, und ziemlich oberflächlich, dazu noch dümmlich diese Kommentare über ihrer Figur.

Wenn man bedenkt, das Molligsein im 19. Jahrhundert tatsächlich als sehr, sehr sexy galt und es heute wieder mehr Selbstbewusstsein unter Dickeren gibt, - ich gehöre auch zu den beschimpften großen Größen -, - was haben die Kritiker zu meckern?

Überschlanken Opernsängerinnen glaube ich die stimmliche Qualitäten meist nicht! Der Job auf der Bühne ist Schwerstarbeit, da passt die Powerfigur der Powerfrau Lewek hin!

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