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Vor 80 Jahren – Uraufführung von "Brundibár" Kinderoper in Theresienstadt

Nach der Premiere am 23. September 1943 ist Hans Krásas "Brundibár" 55 Mal im KZ Theresienstadt aufgeführt worden. Die überlebenden Kinder äußerten sich ihr Leben lang tief bewegt über die Kinderoper. Von den 15.000 Kindern, die in das Konzentrationslager gebracht wurden, überlebten nur etwa 1.000. Auch die meisten der jungen Operndarsteller wurden umgebracht - ebenso wie der Komponist.

Blick durch Stacheldraht auf die Gebäude des 1941 von der SS errichteten Konzentrationslagers im tschechischen Theresienstadt.  | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Der Applaus war unglaublich, erinnerte sich Ela Stein, die als 12-Jährige in der Brundibar-Aufführung in Theresienstadt die Katze spielte. Immer, wenn die Kinder das Finale gesungen hatten, jubelte das Publikum so heftig, dass sie das Lied noch einmal und noch einmal singen mussten. Hans Krásas Singspiel "Brundibár" half den Kindern im Konzentrationslager Theresienstadt durchzuhalten. Sie konnten eine Zeitlang abschalten und an etwas anderes denken – so schildern es Zeitzeugen.

Wir haben diesen Moment der Freiheit ausgeschöpft.
Ela Stern, Überlebende KZ Theresienstadt

Kinderoper für einen Wettbewerb

Ursprünglich hatte Hans Krása "Brundibár" gar nicht für Theresienstadt komponiert. Geschrieben hatte der tschechische Komponist sein Singspiel bereits 1938 für einen Wettbewerb des tschechischen Schulministeriums. Doch dieser wurde dann aufgrund des Krieges und der Nazi-Besatzung nicht mehr ausgewertet. Die ersten Aufführungen des Stückes fanden dann heimlich statt: im jüdischen Waisenhaus von Prag.

Bildquelle: picture alliance / Ondrej Hajek/CTK/dpa

Zeitzeugin: "Brundibár" in Theresienstadt

Gespräch mit Dagmar Lieblova

Kampf gegen den bösen Leierkastenmann

Krása wollte mit "Brundibár" eine singbare Musik für Kinder komponieren, die zugleich modern klingen sollte. Die Geschichte dreht sich um arme Geschwister, die Milch kaufen wollen, um ihrer kranken Mutter zu helfen. Dabei begegnen sie Brundibár, einem Leierkastenmann. Er will verhindern, dass auch die Kinder mit Musik, nämlich mit Singen, Geld sammeln und jagt sie weg. Doch die Kinder bekommen Hilfe. Andere Kinder und Tiere unterstützen sie. Gemeinsam gelingt es schließlich, den Leierkastenmann zu übertönen, zu vertreiben, und so genügend Geld zu sammeln.

Eine Geschichte vom Sieg des Guten über das Böse – natürlich ließ sich für Darsteller und Lagerinsassen der Stoff als eine Allegorie auf die Überwindung der Hitler-Dikatur deuten.

Deportation nach Theresienstadt

Zeitgenössische Porträt-Fotografie von Hans Krása, Komponist der Kinderoper "Brundibár"  | Bildquelle: © dpa Der von den Nazis ermodete Komponist Hans Krása | Bildquelle: © dpa Komponist Krása hat die heimlichen Aufführungen seines Werkes 1942 im jüdischen Waisenhaus in Prag selbst nicht miterleben können: Er war einige Wochen vorher ins KZ Theresienstadt verschleppt worden. Tatsächlich komponierte er dort weiter. 1943 dann begegnete er im KZ Kindern aus dem Prager Waisenhaus, die in der Zwischenzeit ebenfalls dorthin deportiert worden waren.

Kràsa orchestrierte "Brundibár" für die Möglichkeiten im Lager um, und passte die Musik an diejenigen Instrumente an, die im KZ zur Verfügung standen. Die ursprüngliche Besetzung sah Flöte, zwei Klarinetten, eine Trompete, Klavier, Streichergruppen der ersten und zweiten Violine, Violoncello sowie Pauken und Becken vor.

Propaganda der Nazis

Die Nationalsozialisten nutzten die Aufführungen für ihre Propaganda. Vor einem Besuch des Internationalen Roten Kreuzes 1944 wurde das Lager herausgeputzt. "Brundibár" gehörte ebenfalls zum Vorzeigetheater. Auch ein Film entstand, der eine vermeintlich heile Lager-Welt zeigte. In "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt" fehlte auch die Kinderoper nicht.

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Hans Krása: Brundibár - children's opera | Bildquelle: Budapest Festival Orchestra (via YouTube)

Hans Krása: Brundibár - children's opera

Von der Bühne in den Tod

Über ein Jahr lang wurde "Brundibár" in Theresienstadt aufgeführt. Die Besetzungen wechselten, da immer wieder Kinder nach Auschwitz deportiert wurden. Auch Komponist Hans Krása wurde 1944 in Auschwitz ermordet.

Die Brundibár-Aufführungen bedeuteten für die Buben und Mädchen von Theresienstadt das Erlebnis, zumindest kurzzeitig nicht unterdrückt, gequält und entmenschlicht zu werden. Die Kinder, wie etwa Ela Stern, genossen es, während der Aufführung den Gelben Stern ablegen zu können.

Wir waren in diesem Augenblick nicht mit dem Gelben Stern gebrandmarkt, und das bedeutete für uns – wir waren in diesem Augenblick frei.
Ela Stern, Überlebende KZ Theresienstadt

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