Die Attacke, bei der Choreograph und Ballettdirektor Marco Goecke eine Kritikerin mit Hundekot beschmiert hat, zieht weiter ihre Kreise. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung meldet sich nun zu Wort und verurteilt den Vorfall als "eklatante Grenzüberschreitung" und Angriff auf die freie Meinungsäußerung.
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In einer am 20. Februar veröffentlichten Stellungnahme des Akademie-Präsidiums wurde der Angriff des Choreographen und Ballettdirektors der Staatsoper Hannover, Marco Goecke, in deutlichen Worten verurteilt. Goecke hatte eine Kritikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die eines seiner Stücke negativ besprochen hatte, mit Hundekot attackiert.
Es handle sich um eine "eklatante Grenzüberschreitung" sowie einen Angriff auf das Recht zur freien Meinungsäußerung nach Artikel 5 des Grundgesetzes und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, heißt es in der Erklärung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Der demokratische Rechtsstaat garantiere die Freiheit, Kritik frei äußern zu dürfen. Gewalt zerstöre grundsätzlich die Bildung und den Austausch von Meinungen. Choreograph Goecke hatte sich zwar für sein Benehmen entschuldigt, doch wurde dies von der angegriffenen Kritikerin als Versuch einer Rechtfertigung abgelehnt. Die Polizei ermittelt jetzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung.
Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung besteht aus mehr als 180 Schriftstellern, Kritikern, Übersetzern sowie Sprach- und Literaturwissenschaftlern. Auch Juristen und Naturwissenschaftler, deren Arbeit sich durch besonderes Interesse an der Sprache auszeichnet, gehören ihr an. Die Akademie vergibt jährlich die bedeutendste literarische Auszeichnung im deutschsprachigen Raum, den Georg Büchner-Preis.
Inzwischen wurde die Zusammenarbeit zwischen dem Choreographen Goecke und seinem bisherigen Haupt-Arbeitgeber, dem Staatstheater Hannover beendet. Das Bayerische Staatsballett hält dagegen weiterhin an Goecke fest. Im Juni 2023 wird Goecke hier das zeitgenössische Tanztheaterprojekt "Sphären" kuratieren. In einer Pressemitteilung des Staatsballetts heißt es, man "verurteile ausdrücklich" die Tat des Choreographen: "Diese Handlung ist in jeder Hinsicht inakzeptabel." Gleichwohl sei Goecke ein "äußerst verantwortungs- und respektvoller Künstler", die tägliche Zusammenarbeit mit ihm werde vom ganzen Ensemble "sehr geschätzt". Nach Gesprächen mit den Produktionsbeteiligten habe die Theaterleitung beschlossen, die von Marco Goecke zu verantwortende Werke im Programm zu belassen.
Sendung: "Leporello" am 20. Februar 2023 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (2)
Mittwoch, 22.Februar, 13:56 Uhr
Rüdiger
Heilige Einfalt
Und am Ende entscheidet Julia, was für Meinungsäußerungen akzeptabel sind?
Eine reife Persönlichkeit sollte wissen, dass es unterschiedliche Perspektiven auf die Welt gibt, und was dem einen das Kundtun unbequemer Wahrheiten zum Zwecke des Abstellen von Missständen ist, ist für den anderen Bosheit und Querulantentum.
Meinungsfreiheit bedeutet, dass Menschen, die man nicht mag, auch Meinungen, die man ebenfalls nicht mag, sagen dürfen.
Davon sind wir in der BRD natürlich sehr weit entfernt und anscheinend soll Zensur und Meinungsunterdrückung noch weiter ausgebaut werden. Deshalb ist es jetzt heuchlerisch wenn die Akademie für Sprache, die bisher durch hochpolitisierte "Wörter des Jahres" aufgefallen ist, sich die Meinungsfreiheit auf die Fahnen schreibt. Aber gut, nehmen wir sie beim Wort...
Dienstag, 21.Februar, 18:33 Uhr
Julia
Es gibt auch Grenzen für verbale Äußerungen
Hundekotattacke geht gar nicht.
Sprache kann aber auch töten - deshalb gibt es Kampagnen z.B. über Hass im Netz. Oder aber auch über sexuelle Belästigung (auch andauernde "zweideutige" Bemerkungen, Stalking, herabwürdigende sexistische Äußerungen, Gewaltandrohungen).
Und wenn Eltern ihren Kindern ständig sagen, dass sie doof sind, werden sie sich auch irgendwann das verinnerlichen doof anstellen.
Auch für verbale Äußerungen gibt es Grenzen. Auch psychische Gewalt ist Gewalt!
Ich finde, Kritik über ein Kunstwerk sollte sich auf Kritik an Kunstwerk beschränken (man kann sagen, dass die Inszenierung doof war, aber nicht, der Regisseur ist doof. Oder man kann sagen, dass ein Balletttänzerin ungeschickt war, aber nicht, die Balletttänzerin ist fett.)