Er war ein Popstar unter den Jazzmusikern und er jammte mit den größten Musikerinnen und Musikern des 20. Jahrhunderts. Am 12. Mai ist der amerikanische Ausnahme-Saxophonist David Sanborn im Alter von 78 Jahren gestorben.
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"Ich wusste überhaupt nicht, was es bedeuten würde, Musiker zu werden und zu sein. Es war eigentlich eine leichtfertige Entscheidung, aber die Anziehungskraft dieses Pols war so stark, ich musste ihr folgen", sagte David Sanborn 2010 im BR-Interview über seine Entscheidung, Musik zu seinem Lebensinhalt zu machen. Dieser Altsaxophonist mit scharfkonturiertem Sound, mit Sinn für samtene Geschmeidigkeit und klare Funky-Kante, war zeitlebens ein Brückenbauer zwischen dem intellektuellen Jazz und der körperbetonten Tanzmusik des Pop, Soul und Funk.
Seine musikalische Laufbahn begann auf ärztlichen Rat hin. Am 30. Juli 1945 kam David William Sanborn in Tampa, Florida, zur Welt. Im Alter von drei Jahren erkrankte er an Kinderlähmung. Später empfahl ein Arzt, dass David Saxophon lernen sollte, um dadurch die schwache Brustmuskulatur und Atmung zu stärken. Die Musik wurde daraufhin zur großen Leidenschaft des Heranwachsenden.
Als Sanborn elf oder zwölf Jahre alt war, hörte er eine Musik, die sein Leben veränderte. Diese Klänge hatten die Raffinesse des Jazz, aber auch starke Wurzeln in der Gospelmusik, und es steckte viel Blues darin. Soulsänger und Pianist Ray Charles und besonders die griffige Spielweise des Saxophonisten aus Charles‘ Band, Hank Crawford, beeindruckten den jungen David und er entflammte immer mehr für die Musik.
Sanborn studierte an der Northwestern University in Illinois und an der University of Iowa. Nach seinem Studium ging er an die Westküste und tauchte dort in die Musikszene ein. Nach einer Station in der Butterfield Blues Band kam Sanborn 1973 zu Arrangeur und Bandleader Gil Evans, der Jahre zuvor für Miles Davis großorchestralen Jazz arrangiert hatte. Vielleicht das bekannteste Evans-Album, an dem auch Sanborn maßgeblich mitwirkte, war "The Gil Evans Orchestra plays the music of Jimi Hendrix". Komplexe, durchaus schräge Arrangements von Jimi-Hendrix-Songs hatte Evans geschrieben. Immer wieder zeigte sich David Sanborn hier als Solist mit seinem damals schon absolut wiedererkennbaren und markanten Saxophonton. Die Offenheit, die Neugier und das Händchen für den persönlichen Sound von Gil Evans waren sicher sehr prägend für ihn.
Im Jahr 1975 veröffentlichte Sanborn sein erstes Album als Bandleader, insgesamt waren es laut seiner Website 25 unter eigenem Namen. 1981 gewann er den ersten von sechs Grammy Awards, bis dahin hatte er aber schon mit James Brown, Paul Simon, den Rolling Stones und unzähligen weiteren Stars gearbeitet.
"The Jazz Show with David Sanborn" hieß seine Radiosendung, die er in den 1980ern moderierte, und der Saxophonist spielte in den Hausbands gleich mehrerer TV-Sendungen, bei "Saturday Night Live", bei "Late Night with David Letterman" – und Sanborn war kurzzeitig Host einer eigenen Fernsehsendung mit dem Namen "Night Music". Es gibt schier unzählige Videoausschnitte, in denen Sanborn mit den größten Musikstars der Zeit jammt.
David Sanborn spannte eine Brücke zwischen Jazz und Soul, Pop, Funk und Rock. Er spielte auch Kompositionen des Free-Jazz-Pioniers und Altsaxophon-Kollegen Ornette Coleman und wurde begleitet von den größten Jazzern der Zeit, den Brüdern Michael und Randy Brecker, Pianist Bob James, Bassist Ron Carter und vielen anderen. Andererseits war Sanborn auch als musikalischer Partner für die Großverdiener des Musikgeschäfts attraktiv.
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David Sanborn & Joey DeFrancesco - Let The Good Times Roll
Ende der 80er Jahre arbeitete er zusammen mit Rocklegende und Gitarrist Eric Clapton am Soundtrack zur Actionfilmreihe "Lethal Weapon" mit Danny Glover und Mel Gibson in den Hauptrollen. Eine entrückt-schillernde Version des Bob-Dylan-Klassikers "Knockin' on heaven's door" entstand für den Soundtrack.
In den 1990er und 2000er Jahren veröffentlichte Sanborn stetig neue Alben, darunter das herausragende "Upfront" mit gleich mehreren Ohrwurm-Einspielungen, immer an seiner Seite in dieser Zeit Bassist und Groove-Garant Marcus Miller, der auch teilweise die Alben produzierte.
Eigentlich gab es 2024 noch einige Termine in seinem Tournee-Kalender, und auch für 2025 waren Konzerte in Planung. Aber der große Altsaxophonist David Sanborn ist am vergangenen Sonntag im Alter von 78 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Sein glimmend-expressiver Ton, der unterschiedliche Klangwelten miteinander verband, wird vielen Musikfans für immer im Ohr bleiben.
Sendung: Jazztime am 15. Mai ab 23.05 Uhr auf BR-KLASSIK