Geschlechtergerechtigkeit, sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch, Fachkräftemangel und Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Strömungen – diese Schwerpunkte setzte sich der Deutsche Bühnenverein bei seiner Jahreshauptversammlung in Nürnberg. Bei der Wahl der Gremien konnte man das gesteckte Ziel einer paritätischen Besetzung weitgehend erreichen.
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Bei Jahreshauptversammlung, die der Deutscher Bühnenverein am Wochenende in Nürnberg abhielt, wurde der Verband selbst weiblicher: Es gibt nun eine neue, geschlechterparitätische Doppelspitze bei allen sechs Gruppen, die im Präsidium vertreten sind. Für Präsident Ulrich Khuon ist das ein großer, bemerkenswerter Schritt – vor allem für einen Verband, der in großen Teilen männlich besetzt ist. Denn der Frauenanteil betrug bisher lediglich zwischen 20 und 30 Prozent. Damit kam man dem Ziel, das sich der Verein schon im letzten Jahr gesteckt hat, einen ganz wesentlichen Schritt näher.
Das ist ein großer, bemerkenswerter Schritt – vor allem für einen Verband, der ja in großen Teilen männlich besetzt ist.
Auch der Umgang mit Machtverhältnissen und sexuellem Missbrauch an Bühnen war neben Geschlechtergerechtigkeit eines der zentralen Themen, mit denen sich die rund 300 Intendanten, Regisseure und Theaterdirektoren auf der zweitägigen Tagung in Nürnberg befassten. Für Marc Grandmontagne, geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins, setzt die MeToo-Debatte, die Harvey Weinstein in Hollywood ausgelöst hat, zurecht auch in Deutschland neue Standards. So gibt es seit Oktober 2018 die Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt "Themis": Sie bietet Betroffenen aus dem Kulturbereich Beratung und Unterstützung. Und Verbandspräsident Ulrich Khuon betont, dass Transparenz, offene Debatten und Ausbau von Anlaufstellen für Missbrauchsopfer Grundvoraussetzungen für einen Kulturwandel seien.
Der Deutsche Bühnenverein sieht sich dabei als Impulsgeber für seine Mitglieder: Mit Workshops und Erfahrungsaustausch, die nicht nur an diesem Wochenende Schwerpunktthemen voranbringen sollen. Und so will der Deutsche Bühnenverein weiter verstärkt an einer neuen Ära der gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten im Kulturbetrieb mitwirken – etwa durch mehr Fortbildungsangebote für Führungskräfte.
Ein weiterer Punkt auf der Agenda des Vereins war die Weiterentwicklung eines Verhaltenskodex zur Verbesserung des sozialen Klimas. Extremfälle wie etwa die Wutausbrüche des Opern- und Theaterregisseurs Hans Neuenfels müssten der Vergangenheit angehören, meint Ulrich Khuon: "Das würde ich unter dem Begriff Kulturwandel subsummieren.
Jemand wie Neuenfels ist genial – doch gleichzeitig sind die Begleiterscheinungen eigentlich nicht akzeptabel.
Dass die Personaldecke qualifizierter Mitarbeiter besonders im technischen Bereich immer dünner werde, sei dem zunehmenden Mangel an Fachkräften geschuldet, so Jens-Daniel Herzog, Staatsintendant und Operndirektor des Staattheater Nürnberg. Für moderne Bühnentechnik seien heute IT-Spezialisten notwendig, die aber die Budgets oftmals überforderten.
Weiteres Thema der Jahreshauptversammlung war der Umgang mit rechtpopulistischen Strömungen. Für den geschäftsführenden Direktor Marc Grandmontagne ist es jedenfalls keine gute Strategie, sich in Empörungsreflexen zu verlieren. Vielmehr müsste man die Menschen ernst nehmen und deutlich machen, dass es einen einfachen Notausgang in eine bessere Welt so nicht gibt: "Die Welt ist komplex und dieser Reduktion von Komplexität muss man entschieden entgegentreten. Unsere Verantwortung ist es, den Dialog mit solchen Menschen zu suchen, und versuchen, sie zurückzugewinnen für die Gesellschaft und sagen: Bitte fallt da nicht drauf rein."
Die Illusion, die von rechts aufgemacht wird, dieser Reflex, es gibt einen Notausgang in eine bessere Welt: Das gibt es nicht.
Sendung: "Allegro" am 17. Juni 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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