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Kritik - "Maria Stuarda" am Gärtnerplatztheater Hart wie ein Diamant

Am 22. März hatte Michael Sturmingers Inszenierung von Gaetano Donizettis Belcanto-Oper "Maria Stuarda" am Münchner Gärtnerplatztheater Premiere. BR-KLASSIK-Autor Peter Jungblut erlebte eine szenisch über weite Strecken stimmige Produktion mit kluger Personenregie. Musikalisch hingegen hätte ein Quäntchen mehr mediterrane Eleganz nicht schaden können.

Bildquelle: © Christian POGO Zach

Die Kritik zum Anhören

Das müssen ja wirklich zwei ganz starke oder zumindest faszinierende Frauen gewesen sein: Sage und schreibe 54 Opern gibt es über Maria Stuart und Elisabeth I., mindestens, wenn die doppelseitige Liste im Programmheft des Münchener Gärtnerplatztheaters zutrifft. Und sicher nicht jeder Komponist war mit seinem Werk in zwei Wochen fertig, wie der allzeit eilige Gaetano Donizetti. Und da können die Historiker noch so oft behaupten, die beiden Königinnen seien sich in Wirklichkeit nie begegnet. Schon Friedrich Schiller scherte sich nicht drum - und alle, die sein Drama vertonten, auch nicht.

Sie spielt mit ihren Brillis

So wird Maria Stuart ungeachtet ihrer tatsächlichen Gräueltaten für alle Zeiten die emotionale Märtyrerin bleiben, ihre Gegnerin Elisabeth die kühle, berechnende Herrscherin. Um das zu illustrieren, entwarfen die Ausstatter Andreas Donhauser und Renate Martin für das Gärtnerplatztheater eine eisige Kristall-Burg, die im Laserlicht funkelt wie ein schillernder Diamant - bekanntlich der härteste Stoff der Welt, nach dem unerschütterlichen Herz von Elisabeth. Sie schreitet hoch erhobenen Hauptes unter Kristalllüstern und spielt unentwegt mit den Fingern an ihren Brillis: Vom Typ her passt sie als Biest in den "Denver-Clan" oder das "House of Cards", je nach Fernsehgeneration.

Die Inszenierung in Bildern

Kein Belcanto-Leerlauf

Szenenbild aus "Maria Stuarda" von Gaetano Donizetti am Gärtnerplatztheater | Bildquelle: © Christian POGO Zach Szenenbild aus "Maria Stuarda" von Gaetano Donizetti am Gärtnerplatztheater | Bildquelle: © Christian POGO Zach Das gleißend-frostige Bühnenbild ist fulminant und kontrastiert grell mit den üppigen Renaissance-Kostümen aller Beteiligten. Spanische Halskrausen, meterweise Glanzstoff, Samt, Spitze und Perlen, dazu die passenden Hochfrisuren: eine Rembrandt-Welt und eigentlich eine altmodisch-betuliche Bildsprache, die hier aber so überzeugend wie unterhaltsam ist. Regisseur Michael Sturminger versteht es, den unvermeidlichen Leerlauf beim Belcanto klug und feinsinnig weg zu inszenieren. Die Sänger stehen in ihren Arien-Pausen nicht unbeholfen rum, sondern füllen sie mit meist sinnvollen Gesten. Da wird gelauscht, ob nicht irgendwo ein Spitzel verborgen ist, mit der Unterschrift unter dem Todesurteil gerungen oder huldreich Hof gehalten.

Dem Tenor wächst alles über den Kopf

Ja, das alles passt zu Donizetti, dessen Maria Stuart nicht sein stärkstes Werk ist und ganz und gar vom großen Auftritt der beiden Königinnen lebt. Die gebürtige Chemnitzerin Nadja Stefanoff ist als Elisabeth eine herrlich blasierte und schneidend artikulierte Megäre, die amerikanische Sopranistin Jennifer O'Loughlin eine gravitätisch leidende Maria Stuart - allerdings neigt sie zum allzu affektierten Tremolo. Der rumänische Tenor Lucian Krasznec als Liebhaber Roberto, der unglücklicherweise zwischen beiden Königinnen steht und es ihnen zwangsläufig nicht recht machen kann, ist ein burschikoser, hübscher Kerl, der stimmlich arg schmachtet und glaubwürdig verkörpert, das ihm hier alles über den Kopf wächst.

Zu wenig Eleganza und Sprezzatura

Dirigent Anthony Bramall musste sich am Ende einzelne, zaghafte Protestrufe gefallen lassen. Es fehlte dem Orchester diesmal der federnde, sanft auf- und abschwellende Klang, wie er für Belcanto-Opern typisch ist. Stattdessen kamen die Einsätze allzu ruppig und energisch, mit deutlich zu wenig Grandezza, Eleganza und Sprezzatura - also scheinbar mühelosem, elegantem und entspannten Auftreten, wie es gut erzogene Italiener lieben. Insgesamt jedoch ein lohnenswertes Belcanto-Erlebnis, optisch sogar eine Schwelgerei - und das darf ja gerade im barocken München durchaus mal sein. Übrigens ging die Geschichte in Wirklichkeit gar nicht so schlecht aus: Maria Stuart wurde zwar enthauptet, aber ihr Sohn wurde Nachfolger von Elisabeth I. Darüber hat aber niemand eine Oper geschrieben.

Donizetti am Münchner Gärtnerplatztheater

"Maria Stuarda"
Tragedia lirica
Musik von Gaetano Donizetti
Libretto von Giuseppe Bardari

Infos zu weiteren Terminen sowie zum Vorverkauf finden Sie auf der Homepage des Gärtnerplatztheaters.

Sendung: Allegro am 23. März 2018 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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