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Neue Doku über Ennio Morricone Ganz nah dran am Maestro

Ennio Morricones Musik zum Western "Spiel mir das Lied vom Tod" ist weltberühmt. Doch über das Innenleben des 2020 verstorbenen Filmkomponisten war bislang wenig bekannt. Jetzt zeichnet Giuseppe Tornatore in seinem Dokufilm "Ennio Morricone – Der Maestro" den Werdegang des Komponisten nach, mit einzigartigem Archivmaterial und Interviews mit Hollywood-Größen. Sehenswert!

Komponist Ennio Morricone | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Ein Jugendlicher spielt im Konservatorium Trompete. Diese Archivaufnahme aus den 1940ern ist das wohl älteste Filmdokument, auf dem Ennio Morricone zu sehen ist, einer der berühmtesten Filmkomponisten der Geschichte. Geboren in Rom als Sohn eines Trompeters, begeisterte er sich schon als Kind für die Musik und komponierte früh seine ersten Stücke.

Ennio Morricones Karriere begann mit Arrangements von Schlagern

Der Regisseur Giuseppe Tornatore zeichnet in seiner Doku mit einzigartigem Archivmaterial Morricones Werdegang nach. Die Zeit des Aufbruchs, in der Morricone versuchte, die Grenzen der Musik auszuloten und neu zu definieren. Die Zeit als Arrangeur italienischer Schlager, in die Morricone alles einbaut, vom Bachschem Kontrapunkt bis zu klappernden Blechdosen. "Er hat das Arrangement erfunden, vor ihm gab es nur Begleitung", sagt einer der zahlreichen Weggefährten, die im Dokumentarfilm zu Wort kommen. Das sind unter anderem Hollywood-Größen wie Clint Eastwood, John Williams, Hans Zimmer und Quentin Tarantino .

Über 20 Jahren war BR-KLASSIK-Redakteur Matthias Keller mit Ennio Morricone befreundet. 2018 hat er den Komponisten für ein Interview in Rom besucht. Mehr über diese besondere Begegnung lesen Sie hier.

bei der Oskarverleihung 2007 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Ennio Morricone erhielt 2007 einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Morricones Meisterwerke waren das Ergebnis akribischer Arbeit. Seinen ersten Soundtrack komponierte er 1961 für "Il Federale". Was bei den Schlager-Arrangements schon funktionierte, nutzte der Komponist auch in seinen Filmmusiken. Für einige Krimis schrieb er keine Noten, sondern ließ das Orchester zur Leinwand improvisieren, improvisierte selbst mit der Trompete mit.

Dass Morricone diesen Aufwand betrieb, war auch dem damals schlechten Image der Filmmusik geschuldet. So erfährt man in der Doku, dass sein einstiger Lehrer Goffredo Petrassi überhaupt nichts von Soundtracks hielt und sie sogar mit "Prostitution" verglich. Daher fühlte sich Morricone zunächst "schuldig", für das Genre zu schreiben. Seine komplexen und durchdachten Scores waren auch eine Rechtfertigung seinem Lehrer gegenüber. "Meiner Meinung nach muss Filmmusik für sich alleine stehen können, wenn sie dem Film wirklich dienen soll", sagt Morricone an einer Stelle des Dokumentarfilms und erklärt damit zugleich sein Erfolgsrezept.

Der große Durchbruch: Soundtracks für Italowestern

Die Zusammenarbeit mit dem Filmregisseur Sergio Leone war Ennio Morricones großer Durchbruch. Seine Soundtracks zu Western wie "Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Zwei glorreiche Halunken" wurden legendär. Leone und Morricone kannten sich schon aus der Schulzeit und fanden später wieder zueinander – ein Schicksal, das die Filmgeschichte veränderte. Später allerdings litt Morricone darunter, als Komponist für Italowestern abgestempelt zu werden. Denn er war in vielen Genres unterwegs, schrieb neben Film- und Bühnenmusik auch Kammermusik, Messen und Kantaten. Für sein Lebenswerk bekam er 2007 einen Ehren-Oscar verliehen, 2016 dann einen Filmmusik-Oscar für den Score zum Film "Hateful Eight".

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ENNIO MORRICONE: Der Maestro Trailer German Deutsch (2022) | Bildquelle: KinoCheck Indie (via YouTube)

ENNIO MORRICONE: Der Maestro Trailer German Deutsch (2022)

Doku zeigt das Innenleben Morricones auf der Leinwand

Ennio Morricone live in Köln, Februar 2016 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Ennio Morricone dirigiert im Februar 2016 in Köln. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Regisseur Giuseppe Tornatore ist nah dran an Ennio Morricone. Sein Film schafft es, auf berührende Weise das Innenleben des sonst eher introvertierten Komponisten auf die Leinwand zu bringen. Dazu kommen eine exzellente Kameraführung, überraschende, virtuose Schnitte (die Ennio mal zweistimmig mit sich selbst singen lassen), spannende Interviewpartner und Raritäten aus den Archiven. "Ennio Morricone - Der Maestro" ist eine beeindruckende Begegnung mit einem der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts, und mit der Musik selbst. Nur schade, dass der fantastische Doku-Soundtrack mit Klassikern, Geheimtipps und den Schlagerarrangements Morricones nicht separat veröffentlicht worden ist. Deutscher Kinostart ist am 22. Dezember.

Sendung: "Cinema - Kino für die Ohren" am 25. Dezember 2022 ab 18:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Mittwoch, 21.Dezember, 19:36 Uhr

No Name

Hoffentlich ist die Doku so gelungen...

...wie die Autorinnen schreiben.

Beim Betrachten des Trailers beschleichen mich jedoch gewisse Zweifel. Was sollen Quentin Tarantino, Joan Baez oder Bruce Springsteen, die keine Weggefährten von Morricone waren, groß an Einsichten als "Experten" beisteuern? Für mich persönlich, der diese drei auch aus diversen Gründen nicht leiden kann, haben sie auch keine besondere Autorität bei irgendwelchen Geschmacksurteilen.

Bei vielen Dokus gibt es einfach zu viele irrelevante Experten, welche vom eigentlichen Stoff ablenken und wahrscheinlich nur aufgeboten werden, um das ohnehin fragwürdige Starsystem Hollywoods und der Musikindustrie zu verfestigen.

Vielleicht war der Trailer einfach nur ungeschickt gemacht und es gibt genug Substanz in der Doku. Das Leben Morricones sollte grundsätzlich interessant genug für eine gute Doku sein.

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