Gemeinsames Singen ist ein großes Glück. Doch wie bekommt man eine Gruppe unterschiedlicher Menschen so zusammen, dass der Gleichklang ein glücklich machender Einklang wird? Der Dokumentarfilm "Unsere Herzen – Ein Klang" begibt sich auf die Suche und begleitet Chorleiter*innen von Laien- und Profichören bei ihrer Arbeit. Vor und während der Corona-Pandemie.
Bildquelle: Neue Visionen Filmverleih
Viele Menschen finden sich zusammen. Machen Dinge, die sie im normalen, steifen, konventionellen Alltag nicht machen: Komische Laute, spitze Töne, Füße schütteln. Und singen. Laut singen. Gemeinsam singen. Wir sind beim Chormusikfestival chor.com in Berlin im Jahr 2019. Und zunächst wirkt diese erste Szene im Dokumentarfilm "Unsere Herzen – Ein Klang" so wie man sich das Laienchor-Leben im Klischee vorstellt: Eine Mischung aus Jugendcamp und Gruppentherapie. Fokus auf das uns, auf die Gemeinschaft. Alle dürfen mitmachen.
Simon Halsey in dem Chorfilm "Unsere Herzen - ein Klang" | Bildquelle: Neue Visionen Filmverleih Doch dann: Schnitt. Und schon ist es vorbei mit der gut gelaunten Glückseligkeit. Eine Masterclass für Chordirigieren. Der Leiter Simon Halsey pöbelt herum: Ok, dann nehme er eben ein Schulklavier! Nein, auf gar keinen Fall dürfe es ein E-Piano sein! Eigentlich sei ein Steinway Flügel das mindeste. Dann grinst er kurz, schelmisch, und beginnt mit den Studierenden zu proben. Wieder Glückseligkeit. Aber auf eine völlig andere Art.
Der Film "Unsere Herzen – Ein Klang" nähert sich dem Phänomen des Chorgesangs von verschiedenen Seiten. Dafür haben sich die Filmemacher Torsten Striegnitz und Simone Dobmeier drei Protagonisten gesucht: Da ist die toughe Berliner Sängerin und Gesangspädagogin Judith Kamphues, die in einer Gynäkologiepraxis den Frauen-Chor "Ultrasound" gegründet hat, der weltweit gefragte britische Chorleiter und Dozent Simon Halsey sowie die koreanische Studentin Hyunju Kwon, die ein Masterstudium in Deutschland beginnt.
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Kinotrailer "Unsere Herzen - Ein Klang" - Kinostart 22. September 2022
Die menschliche Stimme ist ein Urinstrument. Doch ob das nun nach Vollendung strebender Kunstgesang ist oder das große Glück in einer Gruppe zusammen zu singen und erste Mehrstimmigkeit zu erfahren, ist letztlich egal. Singen macht glücklich. Oder wie es Judith Kamphues an einer Stelle des Films ausdrückt: "Es geht darum, dass der Körper sich wohl fühlt. Und allein so eine Übung, dass wir die Arme über den Kopf nehmen, dabei werden Endorphine ausgeschüttet. Deshalb bin ich auch immer so unverschämt gut gelaunt, weil ich morgens die Arme über den Kopf mache."
Es geht darum, dass der Körper sich wohl fühlt.
Hyunju Kwon in dem Film "Unsere Herzen - ein Klang" | Bildquelle: Neue Visionen Filmverleih Ruhig begleitet die Kamera die drei Protagonisten. Doch mit dem Beginn der Corona-Pandemie, die mitten in die Dreharbeiten platzt, wird die dramaturgische Fallhöhe des Films groß. Da hilft kein Singen vor dem Bildschirm. Da fühlt man die Leere, die Hyunju Kwon ohne Musik bei ihrer Familie in Korea empfindet. Da erschreckt der Zynismus, wenn Simon Halsey erklärt, seine Frau studiere jetzt Landschaftsarchitektur, damit man ein zweites Standbein habe, falls die klassische Musik keine Zukunft mehr habe.
Trotzdem ist "Unsere Herzen – ein Klang" eine Art dokumentarischer Feel-Good-Movie. Die Spiegelneuronen reagieren. Mit voller Überzeugung singende Menschen machen schon beim Zuschauen glücklich. Es ist aber auch ein Film mit warnendem Unterton. Denn Bedeutung menschlicher Begegnung durch Musik ist für die emotionale Balance einer Gesellschaft nicht zu unterschätzen.
Der Dokumentarfilm läuft am 22. September 2022 deutschlandweit in den Kinos an.
Sendung: "Allegro" am 22. September 2022, um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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